Das letzte gebaute Kombibad in Berlin, 1980 eröffnet, ist in einem optischen Zustand der nichts anders als gruslig ist.
Was von außen moderner erscheint als die Bauten in Mariendorf, Spandau und Neukölln und mit einer schönen Wandgestaltung im Foyer einlädt, das mündet in
Spinde, die sich nicht schließen lassen, volle Mülleimer, eklige Hinterlassenschaften von Gästinnen in mehreren Umkleidekabinen.
Der Reihe nach.
Die Halle des Kombibads Seestrase wurde, wenn ich richtig erinnere, 2007, 2008 und 2009 saniert. Dachkonstruktion, Lüftung, Garderobenanlage (aha...), Fernwärme, Wasseraufbereitung u.w.
Betritt man das Bad steht man vor hübschen Wandmalereien. Gelesen habe ich, dass diese von Elke Lixfeld stammen sollen. Ungewöhnlich, betrachtet man ihre anderen Werke.
Das Sichtfenster zum Schwimmbecken lässt Vorfreude im Schwimmerherz aufkommen.
Das Foyer ansonsten ist ein typisches in Berliner Bädern. Allüberall sieht man Zettel blitzen, deren Informationen wenig nützen. Die Berliner Bäder Betriebe wollen ja ein "einheitliches Bild" in ihren Bädern schaffen. Gelungen insofern, dass dieser Overkill an Aushängen in immer mehr Bädern immer mehr zu werden scheint.
Der beste Hinweis unter den ganzen Schilder- und Zettelwusten hängt in der Vitrine. Ich wünschte, das würde man vernünftig gestalten. So etwas gehört herausgestellt und merkwürdigerweise ist mir das Schild noch in keinem anderen Bad aufgefallen. Die Toleranz bei der Badebekleidung ist doch nun wirklich eines der positivsten Dinge beim "Größten Bäder Betrieb Europas"
An der Kasse wurde ich jedes Mal sehr freundlich begrüßt von einer jungen Frau.
Geht man durch das Drehkreuz, muss man durch die Tür. Barfußgang, zumindest weist ein Schild mit durchgestrichenem Schuh darauf hin. Interessiert hier kaum jemanden.
Endloser Gang, tausend und eine Tür mit tausend und einem Spind, Kabinenlabyrinth.
Vorne Herren und Jungen, hinten Frauen und Mädchen. Einige mit so einem Plastikding versperrt.
Zuletzt betrat ich Gang 12.
Rollatoren, Taschen, Kinderwagen, Klamotten, Handtücher, Haare, Taschentücher, Einkaufsbons, eine Haarbürste, eine Badekappe, einige Haarbänder, gut gefüllte Mülleimer.
Falls jemand etwas braucht, im Kombibad Seestrasse findet man alles auf dem Boden, in den Kabinen, in Spinden.
Im vierten Anlauf ein Spind, in dem niemand etwas hinterlassen hatte.
Blaue Türen der Umkleidekabinen und sonnengelbe Bänke.
Den Gang runter geht es zu den Duschen und Toiletten.
Die Duschen waren sauber, ich hatte mit dem schlimmsten gerechnet. Farblich schwer zu definieren, senfgelb könnte mal die Idee gewesen sein. Einige mit Schamwänden, viele Haken und Ablageflächen.
Allerdings die Funktion eine mittlere Katastrophe. Egal welche Temperatur man einstellt, drückt man erneut, ist das Wasser so heiß, dass es weh tut.
Ein Schild weist den Weg zum Schwimmbecken
50 Meter, eigentlich.
Die Trennwand war zur Hälfte hochgefahren, so gab es auf einer Fläche von 3 Bahnen je zwei 25 Meter Areale. In einem war eine Leine, die eine 25 Meter Bahn entstehen liess.
In der Bahn tummelte sich die größte Kindergruppe.
Die Anzahl der Personen habe ich mir extra notiert, sieht man im Bild.
Während einige reservierte Teile fast leer waren, für die größte Gruppe, Nutzer ohne Lobby, blieb also die Hälfte des Schwimmbeckens. Ohne abgeleinte Bahnen. Warum versteht der "Größte Bäder Betrieb Europas" nicht, dass komplett geleinte Becken viele Probleme für alle Nutzergruppen lösen würde?
An drei Mitarbeitern vorbei von denen keiner mein "hallo" erwiderte.
Zwischen Nichtschwimmer und Schwimmbecken findet man Sitz- und Ablagemöglichkeiten. Ebenso Haken an der Wand.
Durch die Fensterfront wirkt das Bad größer als es ist wenn man die Maße betrachtet. Gelbe Wandfliesen. Eighties all in.
Ich versuchte also an der mit Leinen und Teilen der Trennwand gelegenen Seite einen Platz zu finden. Dort schwammen zwei junge Männer, von denen einer lächelte und ohne Worte ergab sich eine Art Kreisverkehr auf einer Breite von vielleicht 1,30 Meter. Das ging 500 Meter erstaunlich gut. Es kam dann aber wie es kommen musste. Ein Mann, der sich ohne Mühe einfach hätte vor oder hinter uns hätte setzen können beim schwimmen, musste quer loslegen. Dazu musste er natürlich durch die alten Damen, die bis dato ohne sichtbare Störung schwammen, straken und schön in Schlangenlinien mal den 'Kreisverkehr', mal die unsichereren Schwimmer stören.
Dazu dann die Person, die auf dem Rücken rudernd glaubt, alle hätten sich nach ihr zu richten, mehrere Erwachsene, die immer wieder unter der Leine auftauchten, weil sie aus der für Kinder reservierten Fläche weichen mussten.
Ich habe es dann vorgezogen, die Mosaike von Karl Mühlenhaupt zu suchen. Mühlenhaupt war ein Berliner Milieumaler, der unter anderem in der Halle des Kombibads seine Kunst verewigt hat.
Zum Abschluss hat sich dann, zum zweiten Mal in diesem Bad, ein Spind entschlossen, meinen Euro zu fressen.
Note für den Einkaufszettel: Ich sollte mir eine Batterie Plastikchips zulegen.
Der Föhn funktioniert mit 5 Cent und ausreichend lange.
Es gibt nicht besonders viel über das Kombibad zu finden, deshalb wollte ich dieses Mal gern die Badleitung fragen. In den Berliner Bädern arbeiten oft Menschen, die alles über 'ihr' Bad wissen und darüber hinaus auch Geschichten kennen, die niemand aufschreibt.
Ich fragte die nette Kassiererin also und sie brachte mich zur Tür der Badleitung, die stellvertretende Leitung sei da. Ich klopfte und nach dem "ja" ging ich in das Büro. Mehrere Bäder Mitarbeiter standen dort und ein Mann fragte mich, was ich wolle. "Ich hätte ein paar Fragen." Ob es lange dauere, wollte er wissen. Ich hab gelacht und wahrheitsgemäß geantwortet: "Im besten Fall gern"
Er bat mich kurz zu warten.
Nach etwa 15 Minuten sagte ich der Kassiererin, dass "kurz" jetzt vorbei sei und sie dem Herren bitte sagen möge, ich frage dann ein anderes Mal.
Aber, ich hatte Glück. Der Mann kam just in dem Moment heraus.
Er fragte "Was wollen sie den?" Ich sagte, dass ich ein paar Fragen zum Bad, zum Eröffnungsdatum habe. Ich war ziemlich irritiert, als er sagte "1983" und es für ihn damit erledigt schien, da er bereits sich abwenden wollte. Ich hatte ehrlich gesagt gehofft, er würde sich entweder etwas Zeit nehmen oder mir sagen, dass es heute ungünstig wäre (dann hätte ich nach einem Termin gefragt). Also sagte ich, dass mir das Eröffnungsjahr auf 1980/ Halle und 1981 Freibad bekannt sind, ich aber das genaue Datum suche.
Unwirsche Antwort:
"Was spielt das denn für eine Rolle?"
Es war deutlich, hier war niemand, der auch nur das geringste Interesse hatte solche Fragen zu beantworten.
Der Ton macht die Musik. Service sieht anders aus.
Dem Mitarbeiter kann es natürlich egal sein, das ich als Mitglied der Geschichtswerkstatt Berlin und Mitgründerin des "Arbeitskreis Freunde historischer Schwimmbäder in Berlin" recherchiere.
Was ihm allerdings nicht egal sein sollte, ist sein Ton gegenüber Kunden.
Fazit: Unbekannt, wann das Bad zum (sportlichen) schwimmen gut geeignet ist. Ich schätze, als Stammnutzer findet man das aber heraus.
Das Bad hat nur wenig Öffnungszeiten für die Menschen, die ohne Vereins-Schul- oder Kurszugehörigkeit einfach schwimmen möchten. Unter den Kombibädern hat es die geringsten Öffnungszeiten für die Öffentlichkeit.
Ausstattung:
50 Meter Becken
Nichtschwimmerbecken
Sprunggrube
Außerdem ein gesonderter Therapiebereich, dessen Öffnungszeiten allerdings sehr eingeschränkt sind für Behinderte. Dort finden ansonsten Kurse eines externen Anbieter statt.
Gastronomie (siehe Sommerbad und den Beitrag Kombibäder)