"Volles Programm an allen Feiertagen" schreibt der, nach eigenen Angaben, "Größte Bäder Betrieb Europas" in seiner Werbebotschaft auf Facebook, Twitter und der Homepage.
Wer gute Vorsätze umsetzen will, dem wird mitgeteilt, dass am Neujahrstag 7 Bäder geöffnet sind.
Dazu muss man wissen, dass die Berliner Bäder Betriebe 37 Schwimmhallen betreiben.
Werden Bäder wirklich betrieben?
7 Bäder, volles Programm?
4 der geöffneten Bäder sind Warmbäder, alle im Südwesten der Stadt. 1 davon ist am Neujahrstag nur Frauen zugängig.
Für alle wird ein Preisaufschlag erhoben. Bleiben 3 Bäder zum normalen Preis. Kein einziges in Tempelhof, keines in Marzahn, Köpenick, Reinickendorf, Spandau, Zehlendorf, Treptow, Hohenschönhausen, Charlottenburg und Wilmersdorf.
Was ist das? Bäder betreiben?
Bäder sind auch dann offen zu halten, wenn 'nur' 25 Besucher pro Stunde kommen oder gar nur 2. Bäder kommunal zu betreiben bedeutet, dass der Betreiber aus Steuermitteln für eine Dienstleistung im Rahmen der Daseinsvorsorge Mittel erhält. Das scheint aber in einigen Köpfen auch nach 20 Jahren noch nicht angekommen zu sein.
Nachdem das Bäderkonzept 2025 am Reißbrett, scheinbar völlig ohne jegliche Beachtung von Sozialräumen entstanden ist, geht es trotz aller Aussagen in Ausschüssen das zu ändern auch seit 2016 genau so weiter.
Das ist schlicht unverschämt, vor allem aber wirtschaftlich gesehen ein Desaster. Glaubt ernsthaft irgendjemand, dass außer diejenigen, die seit Jahren treue Kunden der Bäder sind, Neukunden gewonnen werden wenn man eine derartige Öffnungspolitik betreibt? Ist man wirklich der Meinung, dass Stammkunden gehalten werden, wenn man ihnen das schwimmen immer unmöglicher macht, dafür aber immer mehr Geld will?
Zwei Bäder, eins in der Seestrasse, eines in Mitte, am Neujahrstag öffnen und dann hinterher wieder über Besucherzahlen jammern, weil Spandauer oder Zehlendorfer nicht 50 Minuten einfache Fahrt auf sich nehmen. Die hahnebüchnen Empfehlungen, doch als Zehlendorfer nach Lankwitz zu fahren, in ein Warmbad, mit 2 Euro Preisaufschlag sollte sich der Betreiber sparen. Ebenso wie den frechen Hinweis, dass Besucher der SSE auf das Bad am Anton Saefkow Platz ausweichen können wenn die SSE mal wieder geschlossen ist. Erstens ist die Ausweichhalle an zwei Tagen nur zum Frühschwimmen geöffnet, zweitens sind die 25 Meter voll mit "Parallelbetrieb".
Für den Neujahrstag wird dann wohl Marzahnern empfohlen auf die SSE auszuweichen? Oder vielleicht gleich ins Stadtbad Neukölln? Um dann Schöneberg "wegen hohen Besucheraufkommen" vorzeitig zu schließen für alle die baden wollen?
Nun könnte man sagen, naja, Neujahr, das ist eine Ausnahme. Nein, ist es nicht.
Bäder wie das Stadtbad Charlottenburg Neue Halle oder das Stadtbad Tiergarten, die Neue Halle in Charlottenburg und viele weitere an Samstagen und Sonntagen ab 10 Uhr und bis 17 Uhr oder sogar noch kürzer zu öffnen, ist schlicht an Daseinsvorsorge vorbei. Die genannten und viele weitere öffneten bis 2015 um 6 Uhr und wenn auch nur 5 Besucher** das Angebot pro Stunde nutzen wollen, der Betrieb von Bädern ist mehr als sie am Reißbrett zu verwalten.
Der Dienstleistungsgedanke scheint weder in der Führungsetage noch in einigen Bädern am Beckenrand angekommen zu sein.
In den Ferien werden jeweils ohne jede Begründung, Wasserzeiten der Öffentlichkeit in den Schul- und Vereinsbädern komplett entzogen. Ganze Bäder in Bahnen abgeleint, das geht natürlich nicht während der zahlende Besucher ein Bad nutzen möchte, es geht aber, wenn andere Nutzergruppen im Bad sind. Warum?
Nachdem offensichtlich die Entscheider, Bäder zu eben jenen Schul- und Vereinsbädern erklärt hatten, im Herbst 2015, dies ohne jeden Blick auf die Versorgung innerhalb von Sozialräumen taten, scheint es mittlerweile soweit zu gehen, dass man die minimalen Möglichkeiten- Frühschwimmen und in zwei der Schul- und Vereinsbäder wenige Stunden an wenigen Tagen, der Öffentlichkeit einfach komplett verweigert. Es wird nur noch verwaltet. Wasserfläche steht nicht nur in Schul- und Vereinsbädern teilweise das komplette Wochenende leer.
Interessanterweise bleiben die drei Bäder mit dem höchsten Preisaufschlag in den Ferien,an Feiertagen, Wochenenden sogar im Zwei und Dreischicht Betrieb geöffnet.
Völlig an Sozialräumen vorbei, zwei der Bäder liegen 15 Minuten voneinander entfernt. Eine 'Rundreise zwischen den drei geöffneten teuersten Bädern dauert 25 Minten. Währenddessen ist in Treptow, in Zehlendorf und weiteren Regionen gar kein Bad geöffnet
Oh ja, so ein kommunaler Bäderbetrieb soll und muss wirtschaftlicher werden. Ich bezweifle, dass es wirtschaftlich ist, in immer mehr Bezirken potentielle Nutzer auszutrocknen und auf teure Warmbäder zu fokussieren oder den sogenannten Kursbetrieb zu bevorzugen.
Ich freu mich über jeden, der einen Technikkurs oder gar überhaupt erst mal einen Schwimmkurs besucht. Ein Betreiber, der für diese Kurse diejenigen aussperrt, die seit Jahrzehnten die treueste und vor allem größte Nutzergruppe stellen, der denkt einfach zu kurz. Die Kursteilnehmer sind an 10, vielleicht 20 Tagen im Bad. Und, kommen die danach so regelmäßig wie diejenigen, die früher diese Wasserfläche genutzt haben? Gibt es Statistiken über deren Weiternutzung?
Ein Beispiel: Mein Stammbad, war Samstags vormittags gut besucht. Es waren durch die späten Öffnungen der anderen 50 Meter Bäder in Tiergarten, Charlottenburg etc. sogar mehr Nutzer als vor der Kürzung in den genannten Bädern. Seit dieser Saison sind dort Kurse. Prima, aber es ist dem Betreiber der Berliner Bäder unmöglich eine Bahn für öffentliche Nutzer zu vorzuhalten. Mal gehts, mal nicht. Was ist das für eine Auffassung von Bäderbetrieb?
Die Stammnutzer sind zu einem Teil bereits verloren durch die Preispolitik, ein weiterer Teil geht jetzt in private Clubs, ein anderer weicht aus in Bäder, die der Öffentlichkeit trotzdem noch eine Bahn bieten. Wie lange noch, ist allerdings auch in den Ausweichbädern fraglich.
Freitags vormittags zum Beispiel ist in dem Bad ein Aquafitnesskurs. Das heißt, es ist auf einer Breite von 4 (!) von gesamt 6 Bahnen keine einzige Bahn durchgängig beschwimmbar. Die Folge, auf zwei abgeleinten Bahnen wird gepaddelt, geplaudert, gerudert, so dass einfach nur schwimmen zu einer Art Glücksspiel wird. Was zum Henker hält den Betreiber davon ab, endlich mal eine Unfallvermeidungsstrategie zu entwickeln?
Oder ein Nutzerkonzept?
Erstens kann Aquafitness im Sprungbecken stattfinden. Ist ein Sprungbecken nicht vorhanden, könnte man eine Außenbahn längs für Aquafitness nutzen statt die Breite von zwei Drittel der Wasserfläche zu blockieren für 10 Teilnehmer.
Zweitens, wenn schon in abgeleinten Bahnen alles getan werden darf, was mit schwimmen (waagerecht im Wasser liegend sich nach vorn auf der gesamten Länge auf der rechten Seite einer Bahn zu bewegen) nichts zu tun hat, dann muss es doch möglich sein, zumindest eine von zwei Bahnen für Schwimmer (waagerecht im Wasser liegend..ach, schrieb ich bereits) vorzuhalten und auf Nutzer einzuwirken.
Ich war Jahrzehnte dort jeden Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Die anderen Tage war ich im Stadtbad Tempelhof. Das bietet seit Herbst 2015 nur noch Frühschwimmen. Seit Herbst 2017 bin ich nur noch Dienstags und Sonntags in dem Bad, dass ich über 30 Jahre genutzt habe. 50% wenige Besucher in dem Bad und ich bin nicht die einzige, die so handelt. Einfach weil ich keinen Nerv mehr habe darauf, mich zwischen plaudernden Bojen treten, schlagen und bepöbeln zu lassen.
Bäderbetrieb oder Bäderverwaltung?
Ich schlage vor, die Berliner Bäder Betriebe in Berliner Bäder Verwaltung umzubenennen. Mehr passiert offensichtlich nicht mehr seit 2013.
Ständige Umstrukturierungen, die nur ein Ergebnis aufweisen: die Versorgung ist nur in den Bezirken gewährleistet in denen die am Reißbrett entschiedenen Bäder mit Preisaufschlag liegen.
Niemand erwartet, dass am Neujahrstag oder einem Weihnachtstag alle Schwimmhallen von 6 bis 23 Uhr geöffnet sind.
Man kann zum Beispiel Tiergarten von 8-15 Uhr öffnen, Seestrasse von 15-22 Uhr, Mariendorf von 8-15 Uhr, Finckensteinallee von 15-22 Uhr, Gropiusstadt von 8-15 Uhr, Neuköllner Stadtbad von 15-22 Uhr und so weiter. Ich denke, es ist klar, was ich meine. Stattdessen werden teure Bäder in unmittelbarer Nähe zueinander im Zweischichtbetrieb geöffnet während der Rest der Stadt auf dem Trocknen sitzt.
Man darf vom "Größten Bäder Betrieb Europas" erwarten, dass alle Bezirke so versorgt werden, dass es nicht darum geht, Zuschläge zu kassieren, sondern Daseinsvorsorge in Rücksicht auf Sozialräume zu betreiben. Man darf erwarten, dass Schwimmbäder zum schwimmen genutzt werden können.
Das wäre Betrieb von Bädern.
** Entgegen der Behauptung, dass Frühschwimmer nur eine einstellige Zahl ausmachen, wurde gerade Frühschwimmen von Berufstätigen genutzt. Und, man stelle sich vor, es gibt Berufsgruppen, die sogar an Wochenenden oder in Schichtdiensten arbeiten und mit ihren Steuern auch Bäder mitfinanzieren.
Wie war 2015 zu den Feiertagen geöffnet? Und 2016? Hier selbst vergleichen