Die Tarifreform des "Größten Bäder Betrieb Europas"- es wird billiger, jedenfalls für die meiste?
Was auf der Strecke bleibt in der Diskussion um den Eintrittspreis: was sind uns unsere Bäder wert?
Kommentar
So wie überall, Jubel, wenn Preise sinken und wenns 50 Cent mehr kostet, geht das Wortgemetzel los.
Es ist die Wertfrage, die mir auch in dieser Debatte fehlt.
Besonders von Seiten der Bäderpolitik aber auch von Bäderbesuchern
Ja, ich weiß, ich mache mich unbeliebt, wenn ich sage, dass ein Eintrittspreis von 5,50 Euro für einen ganzen Tag im Hallenbad nicht zu hoch war/ ist.
Klar, die Zeitkarte fehlt.
Ja, mir fehlt eindeutig sowohl Vereinfachung als auch die angekündigte Vereinheitlichung der Eintrittspreise. Aus dem Tarifdschungel ist ein wenig Unterholz entfernt, aber gelichtet hat er sich nicht wirklich.
Eine Zeitkarte in allen Bädern, Tagesticket, Monats- und Sammelkarten, Jahreskarten in unterschiedlicher Form (Basic für 2 Mal Badbesuch, Flexi für jeden Tag und eine echte Serviceleistung bei einer Premiumkarte), das wäre es gewesen. Und eine Kommunikation, die nicht verschleiert, dass der Wert der Jahreskarte sinkt.
Mich nervt schon jetzt die Vorstellung, dass die Abschaffung Sammelkarte Frühschwimmen und nicht Einführung Sammelkarte Sozialtarif (muss nicht günstiger sein als Sammelkarte) ausschließlich die Schlange an der Kasse verlängert und die Klage "zu wenig KassiererInnen" tönt mir bereits im Ohr.
Blöde, die Familienkarte an neue Bedingungen zu knüpfen und sie für große Familien damit teurer zu machen.
Die Preissenkung bei vielen Ticketoptionen ist natürlich subjektiv erfreulich, keine Frage. Für neue Bäderbesucher hoffentlich ein Anreiz. Und diejenigen, die abgewandert sind in private Pools, kommen so hoffentlich zurück in kommunale Bäder.
Aber, was wollen wir denn?
Zuverlässig geöffnete Bäder, saubere Umkleide- und Sanitärbereiche, moderne Ausstattung.
Das kostet Geld.
Auch das Geld derer, die nie ein Bad besuchen.
Ein Badbesuch kostet pro Besucher einen Betrag zwischen 8-12 Euro, je nach Badausstattung (Whirlpool, Rutsche, Sprunganlage etc) und Alter der Anlage (Wartungsanfälligkeit)
Der zahlende Besucher trägt anteilig dazu bei, die Subvention, die ein Badbesuch kostet, zu senken.
Schul- und Vereinsschwimmen ist für diese Nutzer kostenfrei.
Das heißt, die Subvention ist doppelt so hoch. Ja, darüber wird zu reden sein. Es gibt Modelle, die dazu führen, Wasserfläche effektiver zu nutzen ohne dass es diese Nutzer dann etwas kostet bei (zu definierender) Auslastung.
Ich
Viele Bäderbesucher schimpfen über wenig Öffnungszeiten, gestresstes Personal, über mangelnde Sauberkeit, über unmoderne Bäder
Ich muss mich entscheiden wie ich das Geld, über das ich verfüge, verwende.Daseinsvorsorge ist, wie alles andere auch, kein Selbstläufer. Nur nehmen und nichts geben, so funktioniert nichts. Auch ein Bad nicht.
Ja, im Vergleich zu manch anderer Stadt ist schwimmen in Berlin teuer.
Auch für mich.
Die Entscheidung- sofern sie für mich überhaupt eine ist, schwimmen ist eine Lebenseinstellung - fällt mir leicht.
Ohne schwimmen wäre ich nicht wer und wie ich bin.
Schwimmen ist für mich, seit ich denken kann, ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Es gibt mir ein Gefühl von Freiheit. Im Wasser ist alles weg. Nur ich und das Wasser. Oder nein, nur wir. Das Wasser und ich.
Ich habe lange vor der Schulzeit schwimmen gelernt und kein Wasser war mir zu tief, zu weit oder zu wild. Ich hatte das Glück, dass mein Vater mich gelassen hat und erst wenn ich übertrieben habe, mich rausgefischt hat. Als Kind hätte ich am liebsten im Wasser gewohnt.
Ich bin schlecht gelaunt ohne schwimmen. Nach einer Zwangspause von einigen Jahren, aufgrund schwerer Krankheit die nie wieder heilen wird, hat schwimmen mich gerettet. Vor dem schwarzen Loch in das ich zu fallen drohte durch Lähmung und Dysfunktion. Und es war schwer. Ich werde nie vergessen, dass ich beim ersten Wiederversuch im Stadtbad Wilmersdorf I nach wenigen Metern glaubte zu ertrinken. Das erste Mal nach Jahren und die 25 Meter schienen unüberwindlich. Mir, die täglich Kilometerweise Bahnen gezogen hat mit Leichtigkeit. Aber es war wieder- oder immer noch - da. Das Glücksgefühl. Muss jedenfalls so gewesen sein, sonst hätte ich mich nicht über lange Zeit regelrecht gequält um den Körper zu überzeugen von dem was mein Kopf, meine Schwimmerseele brauchte. Irgendwann konnte ich es wieder. Meter um Meter, Kacheln zählen und glücklich sein.
Deshalb fällt mir die Entscheidung leicht.
Ich muss dafür auf vieles verzichten. Ob nun die meisten Konzerte oder Bücher, auf die Reisen die ich früher gern gemacht habe und so weiter.
Das kann nicht jeder verstehen, muss es aber auch nicht.
Aber jeder weiß, dass sein Budget begrenzt ist, so geht es auch dem Staat, dem Senat in unserem Beispiel.
Nein, ich bin nicht einverstanden mit der Bäderpolitik unserer Stadt. Da geht mehr, vor allem zukunftsorientierte Investition in Neubau und Erhalt. Nicht einverstanden mit der unsäglichen Kommunikation der Berliner Bäder Betriebe. Transparenz, Kundenorientierung sollten 2018 keine Zauberformeln sein. Nicht einverstanden mit der am und im Becken um sich greifenden Haltung des nicht verantwortlich seins für das was dort passiert.
Ich sehe allerdings den Wert der Bäder und die Erhaltung und Betrieb kosten Geld.
Mal ehrlich, was bekommt man für 5,50 Euro? Kino? Konzert? Selbst der Besuch eines Cafés ist teurer.
Wir, die wir täglich oder mehrfach wöchentlich unsere Bahnen ziehen, sollten uns nicht beklagen über eine Jahreskarte für derzeit 539 Euro/ ermäßigt 319 Euro oder den neuen Preis von 495 Euro/ ermäßigt 275 Euro), monatlich 46,50 Euro/ ermäßigt 26,50 Euro ab Februar
Bei 365 Badebesuchen zahlt man je Besuch 1,35 Euro, geht man 'nur' jeden zweiten Tag 2,71 Euro.
1,35 Euro, für Vielschwimmer mit der Option alle 35 Hallenbäder und 15 Sommerbäder (die Kinderbäder rechne ich als Schwimmerin raus) nutzen zu dürfen.
Und für diejenigen, die zwei, drei Mal die Woche schwimmen ein Preis ab 3,50 Euro/ ermäßigt 2 Euro. Das ist es wert.
Kommentar zu den neuen Tarifen