Berlin ist zwar auf Sand gebaut, aber ein Schwimmbad scheint eher ein Luftschloss
Am vergangenen Freitag ging es im Abgeordnetenhaus Sportausschuss um die Entwidmung der Schwimmhalle Holzmarktstraße. Vertagt aus August 2019- zur Erinnerung, das Schwimmbad ist seit 30.09.2018 geschlossen.
Die Schließung der Schwimmhalle ist länger als ein Jahr her. Was ist bisher passiert?
Im Vakkuum von Raum und Zeit
phlegmatet sich Berlin zur Unendlichkeit
die kein schwimmen möglich ist
für dich und für mich.
Man möchte neu bauen. Soweit so gut. Wenn sich denn was tut.
Tut es aber nicht.
Der (Alt) Bezirk Friedrichshain, den man früher als Mekka der Kunst des Schwimmens bezeichnen konnte, sitzt auf dem Trocknen.
Weder eine Interimsschwimmhalle noch sonst eine andere Lösung für den Alt Bezirk, auch nicht im benachbarten Kreuzberg, ist in Sicht. Denn jetzt gibt es Geld, man denkt nun groß. Geld gab es vorher auch und das in ebenfalls zweistelliger Millionenhöhe, aber das ist in Teilversandungen, sorry, Teilsanierungen verbaut. Teilsanierungen und Sanierungen (zu den genannten kommen noch in jüngster Zeit die Schwimmhallen Lankwitz, Allendeviertel, Schöneberg, Wilmersdorf I, Thomas Mann Straße, Finckensteinallee und weitere) bei denen geneigte Besucher*innen sich fragen, warum die danach auch trotzdem gesperrt werden aus "technischen" Gründen. Nun denn, was wissen Laien schon.
Im Bezirk Friedrichshain Kreuzberg ist die Sanierung des Eighties Schockchic Wellenbad am Spreewaldplatz geplant. In den 1980 ern war es schon eine, sagen wir, Geschmackssache mehrstöckig, verschachtelt zu bauen, aber nun. Steht jetzt halt da und wellt so vor sich hin.
Irgendwie fängt irgendwann
die Diskussion wieder an
Schwimmer*innen warten lang
Neubau wird aus Kompetenz gemacht
Denkt nicht immer nur nach
Situation
Der Größte Bäderbetrieb Europas wusste seit Jahren um den Zustand der Schwimmhalle. Und wer es auch wusste, zumindest wenn die Berliner Bäderbetriebe den jeweiligen Koalitionen Bericht erstatten mussten und es getan haben, waren die Verantwortlichen in der Politik.
Sanierung käme nicht in Frage, hieß es, zu teuer.
Dasselbe übrigens für das Kombibad Mariendorf- nichtsdestotrotz wurden zwei baugleiche Bäder, Gropiusstadt und Spandau Süd für zweistellige Millionenbeträge saniert. Außerdem wird derzeit auch ein, vorsichtig ausgedrückt, wirklich häßliches Schwimmbad von innen saniert (und hoffentlich macht man sich jetzt endlich mal die Mühe der Fassadengestaltung) statt neu gebaut. Auch für das Stadtbad Tempelhof heißt es seit Jahren, dass eine Sanierung zu teuer würde. Auch dort möchten die BBB neu bauen.
Spoiler: Bauen lassen. Dazu komme ich noch. Dann erklärt sich so manches
Eine Sanierung der 1979 eröffneten Schwimmhalle Holzmarktstraße würde laut BBB ca 7 Millionen Euro kosten.
Als es um die Schließung ging, hieß es noch, der Neubau würde rd 12 Millionen Euro kosten.
Nun heißt es, man wisse nicht, was der Neubau kostet. Gehts noch?
Hochtrabende Pläne von zwei 25 Meter Becken plus ein Mehrzweckbecken plus weiß der Geier. Dafür braucht man Personal.
Eine Kosteneinschätzung sei erst möglich, wenn man wisse, ob und zu welchem Preis man Teile des Grundstücks verkaufen könne.
Info
Ist eigentlich bekannt, dass vor der Übernahme durch die BBB dort das Außengelände genutzt wurde im Sommer von den Schwimmbadbesucher*innen? Könnte man ja mit planen. In einem Alt Bezirk, in dem es kein Freibad mehr gibt
Personal das schon jetzt, trotz vieler geschlossener Bäder, nicht mal reicht, um gestern angekündigte Öffnungszeiten heute einzuhalten.
Äh, nein, voraussichtliche Kosten sind eine Größe, die man nennen kann ohne die potentiellen Einnahmen zu kennen.
Auch wenn ich nicht weiß, ob ich morgen mit meinem Job (noch) wieviel Geld verdiene, das Brot kostet trotzdem 4,75 Euro beim Bäcker- und wird vermutlich, Preisentwicklung berücksichtigt, in 5 Jahren 5,25 Euro kosten. Nun denn, was wissen Laien schon.
Schwimmbad unter Wohnungen
Das klingt super, ich würde einziehen wollen, weil das Schwimmbad dort ist
Und viele würden einziehen trotz Schwimmbad. Und sich dann über Zustände, Lärm und weiteres beschweren.
Info
Gut zu sehen, nein, zu hören, übrigens an den Pfeifen in Freibädern. Ist schon mal aufgefallen, wie leise es um Beckenränder herum wurde in den letzten Jahren? Genau, weil die Nachbarschaft, die später kam, neben ein Schwimmbad gezogen war, in dem drei bis 5 Monate Menschen sind, die Freude haben. Pfeifen, um zur Ordnung zu rufen, ja sogar Sprungtürme, wurden nicht genutzt, damit Nachbars ihre Ruhe haben. In Kreuzberg nennt man das Gentrifizierung und ist in aller Munde. In Steglitz, in Mariendorf und anderswo wird sie still erduldet.
Wer soll bauen?
Nicht der Größte Bäderbetrieb Europas, sondern die Landeseigene Berlinovo.
Und damit bin ich bei der Finanzierung und Verantwortlichkeit.
Die BBB erhalten Zuschüsse, die jedes Jahr erhöht wurden und werden. Bisher ist die Leistung für die Öffentlichkeit immer kleiner geworden. Öffnungszeiten sind nicht gleich Schwimmzeiten.
Die Frage ist, wer den Bau finanzieren soll aus welchem Topf. Siehe Sommerbad am Olympiastadion. Eigentümer ist das Land, das zahlt auch die Sanierungen- nicht aus den Millionenschweren Zuschüssen an den kommunalen Bäderbetreiber.
Info
Übrigens, nur 6,6% *der Berlinerinnen und Berliner schwimmt im Verein. Schwimmvereine machen einen super Job, aber der allergrößte Teil der Bewohner*innen dieser Stadt, die schwimmen möchten, wollen das individuell. Da stellt sich dann die ganz grundsätzliche Frage, ob die Auslegung der Bädernutzungssatzung noch zeitgemäß ist. In der Satzung zur Nutzung der Einrichtungen der Berliner Bäderbetriebe heißt es in §2, Punkt 6, letzter Satz "Bei Hallenbädern sind wenigstens 50% der gesamten Wasserkapazitäten zur Grundversorgung bereit zu stellen"
Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass in so manchem Schwimmbad weniger als 50% der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Nochmal: Eintritt zahlen ist nicht gleich schwimmen können.
Luftschloss Schwimmbad
Mehr ist es zur Zeit nicht.
Entlassung aus der Sportbindung
Klingt einfach, ist es aber nicht.
Ja, Wohnungen werden gebraucht. Die Fragen, die sich mir stellen in einer Stadt, die seit Jahren Multifunktionsbäder bespricht- plant ist zur Zeit einfach das falsche Verb- will man also eine bereits geschlossene Halle so ersetzen, in dem man ein Schwimmbad unter Wohnungen baut. Ist sich aber nicht einig, ob das so geht.
Müsste dafür Grund und Boden verkauft werden? Warum? Um Einnahmen zu generieren? Fangen wir dann auch wieder an über den Verkauf von Liegewiesen zu plaudern? Ach nein, die verknappen wir in dem wir eine Interimshalle besprechen seit Jahren.
Also, besprechen nicht im Sinne von Warzen, die verschwinden sollen, sondern ein Pool der erscheinen soll.
Und behaupten, dass während des möglichen Baus während der Sommersaison kein Lärm und Staub die Badefreuden beeinträchtigen wird.
*Ergebnis der Sportstudie des Senats
Mehr zur Schwimmhalle Holzmarktstraße
Schwimmbad Friedrichshain? Nein- Southgeist schrieb über den ehemals mit Bädern gut versorgten Alt Bezirk
Textzeilen der Reime angelehnt an den Song von Nena