Kinderlärm in Bädern- ist das das dringendste Problem?

Alle paar Wochen tauchen irgendwelche Aussagen von und über Berliner Bäder in Medien auf...

Nehmen wir nur das  Jahr 2020.


Offene  Türen statt Hausverbote als Lösung

Im Januar tauchte die Schlagzeile auf, dass Badegäste Sex in den Duschen im Stadtbad Neukölln haben. Als Referenz wurde "ein  Leser" genannt. Die Berliner Bäderbetriebe würden der Sache nicht Herr mit "Platzverweisen" und Mann muss nun bei geöffneten Türen duschen.

Der Größte Bäderbetrieb lässt also lieber alle mitbüßen, statt die Leute, die gegen die Hausordnung (und, mit Verlaub, gegen Anstandsregeln) verstossen und keiner hinterfragt das.

Nennt man dann Badegastsippenhaft... Übrigens zum zweiten Mal binnen recht kurzer Zeit zum Nachteil von Männern. Die Männersauna in der Schwimmhalle Ernst Thälmann Park wurde vorübergehend abgeschafft, weil  man derer nicht Herr wurde, die dort offen sexuelle Handlungen vollzogen.

Was ist das für eine Art, alle  Männer in Mithaftung zu nehmen für die Handlungen weniger? Der Landesbetrieb muss seine Beschäftigten mit Regeln versehen, die klare Handlungen vorschreiben bei Verstössen gegen die Hausordnung.

Anstehen für den Schwimmkurs

Immer mal wieder taucht das als Überschrift auf. Seit Jahren.

Im Februar warteten die Leute stundenlang- wie seit Jahren- vor der SSE, um Kinder zu einem Schwimmkurs anzumelden. Das war nicht nur eine Meldung wert, nein, man liess die Aussage des Sprechers der Berliner Bäderbetriebe ohne Nachfrage stehen

"Berlinweit, sagt Oloew, sei die Situation aber bei weitem nicht so angespannt wie im SSE."

Doch. Ist sie. Und wird noch schlimmer, wenn noch mehr Wasserfläche an Firmen vermietet wird.


Die Situation habe ich persönlich zuletzt vor dem Stadtbad Mitte erlebt (damals Jahreskarte mit Bonuskarte Kurs). Keine Chance, obwohl ich bereits um 6 Uhr dort war.


Fakt ist, es sieht auch dieses Jahr vor vielen Bädern so aus. Hier auch. Die Aussage, dass Wasserfläche fehle, bleibt auch stehen, ohne das mal zu hinterfragen. Kinder lernen sehr wohl in tiefen Wasser schwimmen. Eine Kommune kann es finanziell nicht leisten, Becken auf 32 Grad hochzuheizen, zumal das auch ein Frevel an der Umwelt wäre.

Und mal so nebenbei: "Therapiebecken" werden bereits in größeren Zeitfenstern für Kleinkinder/ Babykurse genutzt und nur in kurzen Zeitfenstern für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung gestellt. Außerdem werden halbe Nichtschwimmerbecken vermietet, in denen man dann natürlich keine kommunalen Kurse anbieten kann.

Dieses Mal kommt zusätzlich die  Aussage  aus dem Landesbetrieb: "Ein Online-Ticketsystem sei schon seit Jahren in Arbeit, ein externer Dienstleister arbeite an der Programmierung."

Weder wurde nachgefragt, wer da seit "Jahren" Zuschüsse erhält, um ein Online Buchungssystem zu implementieren, noch wurde gefragt, was das bisher - ohne jedes Ergebnis- gekostet hat.

Geräuschkulisse in Bädern

Die Berliner Morgenpost titelte vor ein paar Tagen "Berlins Schwimmbäder wollen gegen Kinderlärm vorgehen"

Es geht nicht um die Morgenpost oder den RBB, der das Thema auch aufgegriffen hatte. Es geht darum, ob wir nicht ein paar dringendere Probleme in Bädern haben oder, wenn der Größte Bäderbetrieb Europas schon über diese Art Probleme berichtet, diese Berichte nicht zumindest mal näher angesehen werden müssen.

Keine Frage, der Arbeitsplatz Schwimmbad bringt sicher eins mit und das ist eine starke Geräuschkulisse. Das Wasser, die Menschen, die Maschinen, all das bringt es mit sich, dass eine der Berufskrankheiten die Schwerhörigkeit sein kann. Menschen müssen am Arbeitsplatz bestmöglich geschützt werden. Das aber ist nicht das Thema des Artikels.

Nun also der  Kinderlärm, über den sich "hauptsächlich ältere Badegäste beschweren.

Was ist eigentlich "ältere Badegäste"? Die zwei 74 jährigen, die 5 Mal die Woche 2 Kilometer schwimmen oder die 67 jähige, die jeden Tag 2 Kilometer schwimmt oder der 81 jährige, der seinen Kilometer 3 Mal die Woche krault und eine Bahn Delfin zieht? Oder die 55 jährige, die den Aquafitnesskurs nutzt, um laut zu kreischen oder der 45 jährige, der bei der Wassergymnastik sich laut mit seinen Mitturnerinnen über das gesamte Becken hinweg unterhält? Oder die 60 jährige Trainerin, die ihre Musik so laut dreht, dass ihre Teilnehmer*innen am Aqua Kurs  nur durch Gebrüll Anweisungen  übermittelt bekommen?

Es wurde weder gefragt, wie viele Menschen, welcher Altersgruppen, welcher Art der Nutzung etc., an einer (entsprechenden) Umfrage teilgenommen haben, noch in wie vielen Bädern gefragt wurde, noch hat der Größte Bäderbetrieb  Europas von sich aus eine nachvollziehbare Auswertung einer repräsentativen Umfrage vorgelegt.


Eine "Zufriedenheit" anhand einiger ausgefüllter Besucherkärtchen aus einer Schwimmhalle im Sportausschuss des Abgeordnetenhauses wurde als "Beweis" angeführt seitens der BBB,  wie  zufrieden Badegäste sind. Das ist doch in einer Millionenstadt mit dem Größten Bäderbetrieb Europas nicht repräsentativ, wenn vier Leute X und 5 Leute Y sagen.


Keine Frage, Kinder kreischen mal, sie juchzen, weinen unkontrollierter als Erwachsene. Sind es aber tatsächlich Kinder, die die lauteste Geräuschkulisse in Bädern darstellen? Oder sind es die Erwachsenen, die in Vierer Reihen nebeneinander über  die letzte Familienfeier, des Sohnes schlimme Partnerin und den bevorstehenden Arztbesuch im Wasser oder auch über Kabinenwände hinweg plaudern? Oder sind es Mitarbeiterinnen und  Mitarbeiter, die über Badegäste so laut lästern, dass man das sogar im Wasser hört? Oder sind es "Musikabspielgeräte" nutzende Badegäste?

Man könnte auch einfach den Job des Aufsicht führenden Berliner Bäderbetriebe Personals so gestalten, dass der Lärm eingedämmt wird, in dem man Lärmende bittet, ruhiger zu sein. Und die, die sich beim plaudern im Wasser  gestört fühlen, ins Café verweisen. Man könnte Leute, die "Musikabspielgeräte" in Bäder schleppen,  bitten, diese Geräte auszustellen und bei Wiederholung Hausverbote aussprechen, für alle Berliner Bäder.

Meine Meinung: Wer sich daran stört, mit wie viel Freude Kinder ins Wasser hopsen, lachen und selbst ängstliche Kinder bei geduldigen Schwimmlehrer*innen am Ende mit roten Bäckchen und vor Freude kreischend ihr Schwimmzeugnis erhalten, kann Ohrenstöpsel nutzen oder wegbleiben.

Sorgt lieber mal für die Sicherheit der schwimmenden Bäderbesucher*innen und unterbindet und ahndet das Springen vom Längsrand als das, was es darstellt: den Versuch der Körperverletzung.


Was mich wirklich ärgert, ist die Tatsache, dass  all die Themen nicht das Hauptproblem in Berliner Bädern sind und  bisher niemand recherchiert, warum immer wieder solche Nebenthemen auftauchen und ablenken von den wirklichen Problemen in Berliner Bädern.

Es sind einzelne, die sich beschweren und es wird ein Fass aufgemacht.

Ich frage mich, wann das Schwimmen, also das Schwimmen in Schwimmbädern mal das Hauptthema sein wird.

Hunderte Sportschwimmerinnen und Sportschwimmer, tausende Stammgäste,  die immer schlechtere Bedingungen vorfinden. Beschwerden bei den Verantwortlichen  für den Landesbetrieb- also den BBB, Senat, Sportausschussmitgliedern, Staatssekretär, in Bädern vor Ort, schriftlich, persönlich und dazu gibt es keine Auswertungen?

Unfair verteilte Öffnungszeiten,  Schließzeiten, die lange feststehen, werden kurzfristig kommuniziert, Erweiterungen und Kürzungen der Öffnungszeiten, die so wirken als würden Situationen in Bädern darüber entscheiden und nicht ein Landesbetrieb.  Und immer noch keine zuverlässigen Infos für so manches Schwimmbad und dessen Nutzbarkeit für zahlende Besucher*innen u.s.w.

Blockzeiten

Seit Jahren geistert die Idee von "Blockzeiten" für Bäder in Berlin rum.

Klar, Vereine und Schulen haben seit Jahrzehnten eine Lobby, oft überschneiden sich Vereinsmitgliedschaft, Verbandsvorsitz und politische Aufgabe.  Verständlich,  dass man für den eigenen Verein natürlich das Beste rausholen will. Völlig außer Frage, dass Schulschwimmen wichtig ist. Klar, dass Bezirke und Regionale Beiräte das absichern wollen und die Personen entsprechende Meinungen dazu haben müssen.

Bitte dann aber auch Schulschwimmflächen effektiv auslasten. Wenn ich, wie zuletzt im Stadtbad Tiergarten, ein völlig für die Öffentlichkeit gesperrtes Bad sehe, in dem 10 Kinder Schulschwimmen haben, frag ich mich, was das soll.

Wo bleibt der angekündigte Kund*innenbeirat? Das interaktive Kund*innenforum?

Was ist das, Blockzeiten? Dahinter steckt die Idee, Nutzergruppen voneinander  zu trennen.

Morgens bis 8 Uhr Öffentlichkeit, danach Schulschwimmen bis ca. 14 Uhr. Dann Vereinskinder, Vereine/ Erwachsene und erst abends wieder öffentliches schwimmen.

Prima Argument dafür ist die derzeitige Preisgestaltung der BBB. der übrigens der Aufsichtrat zugestimmt hat.

Der teuerste Tarif liegt zwischen 15 und 20 Uhr. Und am Ende kann man sagen, dass die meisten Leute Eintritt zahlen in den Zeiten bis 15 Uhr und nach 20 Uhr.

Das wäre das Argument, das Bad dann für die Öffentlichkeit  zu sperren. Ist  wie mit "beliebten Bädern " mit "hohen Besucher*innenzahlen": ein Bad das nicht geöffnet ist, kann natürlich keine solchen Zahlen vorweisen....


Funfact: Das Bäderkonzept 2025, das noch gilt, war darauf ausgerichtet. Mehr Schul- Kurs(!) und Vereinsbäder, reine Öffentlichkeitsbäder (Ohne Schul, Vereinsbetrieb) und Mischbäder (50/50). Herausgekommen ist ein Sammelsurium von Nutzungen, ganz so, wie es gerade passt. Und die Tatsache, dass auf 30 Grad hoch geheizte Bäder die längsten und meist zuverlässigsten Öffnungszeiten haben und höhere Preise...Wie das der Satzung für die BBB entspricht, erklärt sich nirgends.


Die Satzung zur Nutzung der Einrichtungen der Berliner Bäderbetriebe spricht allerdings gegen diese "Blockzeiten Idee" und müsste geändert werden.

Derzeit ist in der Satzung festgehalten, dass der Allgemeinheit 50% der gesamten Wasserfläche zur Verfügung gestellt werden muss- dass selbst das nicht passiert, dürfte allen klar sein.

Eine Änderung dieser Satzung, zu Ungunsten der wachsenden Bevölkerung, widerspricht nicht nur dem angekündigten Paradigmenwechsel- zurück zu mehr Daseinsvorsorge- der derzeitigen Regierung. Sie widerspricht auch dem Ergebnis der Sportstudie: mehr als 80 % der Menschen, die Bäder nutzen, wollen ihren Schwimmsport individuell organisieren.

Eine Änderung der Satzung muss also  zwingend das Ergebnis der größten, jemals  in Berlin durchgeführten Sportstudie berücksichtigen und vor allem endlich die größte Gruppe der  Bäderbesucherinnen und Bäderbesucher berücksichtigen, Schwimmerinnen und Schwimmer.

Übrigens: Ich höre, wie wohl so manche Schwimmerinnen und Schwimmer, immer mal wieder von Badegästen: "müssen sie hier schwimmen, meine Haare werden nass".

Demnächst dann also Wasser raus aus Bädern?

Dann  gäbe es auch keinen Lärm mehr.