Nur sechs Wochen und schon habe ich alle getroffen, die ich aus den vielen Jahren in Schwimmbädern kenne. Und noch mehr.
Am See und vor allem im See sind natürlich nicht nur Menschen, die schwimmen wollen.
In Berlin darf jede*r alles und überall, zumindest entsteht der Eindruck an vielen Orten. Im Freibad campieren Gäste auf dem Beton, so dass du Schwierigkeiten hast in die Duschen zu kommen. Dort begegnest du denen, die mit Einkaufstrolley, Strassenschuhen und Kinderwagen durch wollen. Und wenn du dann dein Zeug von der Bank holen willst, stellst du fest, da liegt eine Bratelse auf der Sitzbank und hat dein Zeug halt einfach runter geworfen. Sprichst du sie an, qulamt sie dir ihren Zigarettenrauch ins Gesicht. Und wenn dann aus dem Schwimmbecken ebenfalls Rauchqualm kommt, weißt du, der Bademeister unterm Schirm, der sein Handy bespielt, wird das nicht ändern können oder auch wollen.
So ähnlich, nur anders, ist es am See.
Neben all den schönen Eindrücken wird man immer auch die Honks treffen, die meinen, sie können sich überall selbst verwirklichen. Menschen, denen einfach völlig egal ist, dass es Regeln gibt, die das Zusammensein einfacher machen.
Ich habe mal ein paar meiner Beobachtungen aufgeschrieben.
Vielleicht kennt ihr diese Leute auch? Oder ganz andere?
Gleich beim ersten Besuch eines Sees, Anfang April, waren wir nicht die einzigen. 10.6 Grad, das hielt zwar die meisten aus dem Wasser raus, aber gleich eine der ersten Begegnungen erinnerte an die Poser Typen im Schwimmbad
Typ Kampffisch
Männlich- sehr männlich, zumindest das, was er darunter versteht und somit das Gegenteil dessen, was wirklich männlich ist.
Ohne Badekappe, muss er selber wissen, ohne Sicherheitsboje und allein, nicht ohne sich vorher zu vergewissern, ob auch alle gucken, sprang er in die Fluten. Der See war ganz still, aber nun gab es halt die Welle, die dieser Typ braucht.
In diesem Fall jemand, der schwimmen kann, allerdings ohne jeden Gedanken daran, dass die meisten Unfälle passieren, weil sich, meist männliche, Schwimmer überschätzen. Ihm ist es völlig gleichgültig, dass selbst erfahrenste Trainer*innen derzeit dazu raten, nicht allein und wenn dann nur mit Sicherheitsboje zu schwimmen. Das gebietet der Anstand in Zeiten einer, für uns alle, nie dagewesenen Pandemiesituation. Unter allen Umständen alles tun, um einen Rettungseinsatz zu verhindern.
Ein Rettungseinsatz übrigens, wenn der öfter vorkommt, möglicherweise zu Schwimmverbot in Seen und Flüssen führen kann.
Ich hatte ihn, als er aus dem Wasser kam, gefragt: "Oh, ohne Boje unterwegs, ist das nicht gefährlich?"
Was dann kam, habe ich keine Lust zu zitieren, nur so viel: er nannte Mondzeiten, die er bei Triathlons mal geschwommen sein will und plapperte von seiner "Erfahrung".
Ich habe dann abgeschaltet. Würden die Zeiten stimmen, war es Thomas Lurz, aber der ist jünger als der Typ...
Treppenschwimmer
Die Autokorrektur wollte daraus "Treppenwitz" machen und irgendwie wäre das ganz passend.
Auf dem Weg zur Toilette, nach dem kurzen, aber schönen Schwimm im eiskalten Wasser, quatschte uns ein Typ aus einer Gruppe heraus an. Also reden war das nicht, aber kennt ihr dieses hohle Geblubber, dass einem schon von weitem entgegenwabert?
So jedenfalls: "Oho, was war das denn, seid ihr nach..getaucht"
Mehr habe ich nicht verstanden und brauchte es auch nicht. Ich will gar nicht hören, was solche Leute, mit Bier in der Hand, in dem Fall tatsächlich auf der Treppe sitzende, Mittdreißiger, mir sagen wollen. Es ist eh uninteressant, das steht von vornherein fest. In diesem Fall Typen, alle mit Bart und Markensporthosen und, auch das kein Scherz, in Badelatschen , die sich toll vorkommen, wenn sie angetrunken blödes Zeug labern.
Diese Art Leute sitzen auch in einem der Berliner Freibäder auf Treppen und anderswo. Nur halt mit Bärlauchgin statt Bier in der Hand.
Typ Fischlein
Natürlich sind nicht nur die Doofen am See. Leute, bei denen man schon merkt, wenn man nur schaut, dass sie freundlich sind. So war es auch.
Sie beide, Mitglieder eines Vereins, die das Schwimmen so sehr vermissen, dass sie es wagen wollten, bei diesen Temperaturen auch anzubaden.
Der Mann und die Frau, die, nach kurzem Austausch über Wassertemperatur, im See eintauchten und genau so froren. Sie schwamm, in einem tollen Stil, ziemlich weit raus. Fischlein, die es nicht nötig haben, zu posen.
Der Unsympath
Während meine Begleitung längst schwamm, versuchte ich mich in einem See mit dem Schlamm und den Schlingpflanzen zu arrangieren. Wir trugen beide Neoprenanzug. Einen alten Mann hat das veranlasst zu kommentieren "Ihr doofen Warmduscher"
Mir ist der Kragen geplatzt. Ich bin im Schlamm näher an ihn heran gewatet, nicht zu nah, der Typ war nackt. Ich habe ihm gesagt, was ich davon halte, wenn ein fremder nackter Typ meint, Frauen und deren Badekleidung kommentieren zu müssen.
See Sitzende
Kennt ihr Leute, die nur ins Freibad gehen, um auf der Beckenumrandung zu liegen? Genau. Und die sind auch am See. Im Gegensatz zu denen, die im Freibad ja ein paar Euro fuffzig Eintritt gezahlt haben und deshalb zumindest alle drei Stunden ihre Füße, in die, an der Seite abgeleinte, Bahn ins Schwimmbecken halten, bleiben die See Sitzenden trocken.
Was kümmern die dich dann? Na, nur insofern, dass wir eine Pandemie haben und die Damengruppe mit mehreren Kindern uns so dermaßen auf die Pelle gerückt war, dass wir umgezogen sind.
Wir halten etwa 2 Meter Abstand zueinander, wir hatten uns ein Plätzchen vor dem Schwimm ausgesucht, dass die geforderten 5 Meter Abstand zu anderen einhielt. Als wir aus dem Wasser kamen, waren wir umlagert von dieser Gruppe.
Ich glaube, ich hätte auch ohne Pandemie den Umzug bevorzugt.
Warum denken Leute eigentlich, ihre Paartherapie interessiert völlig Fremde auf der Decke nebenan?
Matrosen
In ihren Booten und auf ihren Boards.
Einige können gut mit ihren Fahrzeugen umgehen. Die anderen sind eine Gefahr. Für sich und Schwimmende, aber auch für Leute, die einfach nur einen Dip im kalten Wasser nehmen und sich kaum vom Fleck rühren. Ein Mann fuhr rücksichtlos auf das Ufer zu an dem zwei junge Leute im Wasser standen. Entweder war der Mann auf dem Board außerstande dieses Board zu fahren oder es war Absicht.
Diese Paddler sind eine Plage. Es interessiert sie nicht, wenn sie Leute fast umfahren. Sie gehen davon aus, dass alle ihnen ausweichen. Ich habe ja den Verdacht, das sind dieselben, die auf Rad- und Fußwegen ihre Autos parken und die mit dem Rad auf Gehwegen klingeln. Es sind die, die ihre Hunde unangeleint auf kleine Wildtiere loslassen.
Keine Frage, es kann mal eine Unaufmerksamkeit passieren, von jeder Seite, ob nun beim schwimmen oder paddeln. Ich meine diejenigen, die an einer BADEstelle ihre Boote oder Boards ins Wasser bringen. Ich habe mehrfach gesehen, wie ein Paddler eine Schwimmerin, die weiter draussen auf dem See war, fast überfahren hätte. Es war sein Fehler, das war sichtbar. Er meckerte trotzdem noch über die Schwimmerin, als er am Baum nebenan sich umzog.
Und klar, es gibt auch die Situation, in denen Menschen sehr nett reagieren, Die Frau, die (ihre) Kinder auf ein Board gelassen hat und so lieb war, weil es fast zur Kollision gekommen wäre. Sie war einfach nett, wir entschuldigten uns gegenseitig und gut. Ach, wären doch alle so im See
Esel mit und ohne Draht
In Berlin gibt es natürlich auch die am Badesee, die dort gar nichts zu suchen haben. Hunde. Menschen, die ihre Hunde sogar dann nicht zurückhalten, wenn Kleinkinder am Ufer sind. Unfassbare Idioten, deren Hund ein Kind so angebellt hat, dass die Mutter es schnell hochnahm. Dieser Hund kläffte in einer Tour, während Mann und Frau sich einen Dreck darum scherten, dass Spazieren gehende belästigt werden. Was kapieren diese Hundehalter*innen nicht, wenn Schilder deutlich ausweisen,dass Hunde an öffentlichen Badestellen verboten sind? Diese Art Egoisten können allerdings auch nur deshalb machen was sie wollen und andere gefährden, weil die Polizei, in Mannschaftsstärke vor Ort, sich nicht dafür interessiert. Es waren an dem Tag, gezählte, 14 Hunde. Das mal Bußgeld, dürfte reichen, um auf der offiziellen Badestelle den Rasen mal zu erneuern.
An einem anderen Tag waren zwei berittene Polizistinnen auf der Wiese mit ihren Pferden. Auch die beiden Damen interessierten sich null für die Hunde, von denen zu dem Zeitpunkt zwei sogar zwischen mehreren Badenden paddelten und ein Hund kotete am Ufer....
Für diejenigen, die um das Tierwohl besorgt sind: es gibt in Berlin Hundeauslaufgebiete, auch an Seen.
Leider gibt es auch am gegenüberliegenden Ufer dieses Badesees ein Auslaufgebiet für Hunde. Problem: dort koten und buddeln Hunde so extrem, dass der Kot in den See 'abrutscht' und die Wasserqualität jedes Jahr leidet. Es wäre also sinnvoll, wenn Berliner Verwaltung endlich mal entscheidet, Badeseen für Menschen zu Hundefreien Gebieten zu machen und vor allem Verbote auch durchsetzt.
Radfahrende, die zwischen den auf der als Wiese genutzten Fläche, rumfahren, sind ein Ärgernis.
Leute auf Rädern, die sogar Menschen, die einfach spazieren gehen, weg zu klingeln versuchen. Wann wurden diese Leute eigentlich erzogen? Können die nicht lesen? Und das waren nicht nur Rennradfahrende, sondern auch Leute im Großeltern Alter, die einfach meinen, der wirklich volle Platz gehöre für Radfahrende freigeräumt.
Sympathieträger
Und gleich beim zweiten Schwimm, in einem anderen See, war er da. Der Mensch, der einfach sympathisch ist. Der (auch) nur das Wasser sucht. Und der den Small Talk beherrscht ohne belangloses Zeug zu labern.
Der nackte Mann. Im Sinne des Wortes.
Wir waren an einer Stelle, in der viele FKK baden und schwimmen gehen. Während meine Begleitung schon mutig im See schwamm, stand ich in diesem Schlammtümpelartigen Gewässer am Rand, als ein Mann aus dem Wasser kam. Er war nackt, ich in Full Neopren. Wir kamen ins Gespräch. Ihm war es völlig egal, dass ich den Neo anhatte, mir, dass er nix trug. Das war so normal, so viel Akzeptanz in diesen vielleicht 5, 6 Minuten. In denen es um den See, das Wasser, die Pandemie, die Schwierigkeiten, Berlin und Musik ging- ja, so viel kann man thematisieren, wenn man auf solche Sympathieträger trifft.
Schade, dass ich ihn nicht gefragt hatte, wie er heißt. Aber vielleicht seh ich ihn und seinen Mann mal wieder. Dufter Typ jedenfalls.
Vögel
Das Schönste am See sind die Vögel. Neben all den schrägen Vögeln gibt es auch noch echte Vögel am und im See.
Ob nun die schönen bunten Mandarinenten oder ein Schwan- den am besten in Entfernung (Danke für das Bild)
Die Entenfamilie mit 11 Küken. Oder der Haubentaucher, den wir nach einem Schwimm beobachtet haben. Er macht seinem Namen alle Ehre und tauchte lange Strecken um nach Fischen zu schnappen. Guten Appetit.
Und? Wen kennst du so, vom See, aus dem Freibad?
Ich hab hier aufgeschrieben, welche Schwimmbadtypen es gibt
Rasen Gespräche
Teil 1 Thema "Abstand"
Teil 2 Thema "Verabredungsjunkies"
Teil 3 Thema "Die Wege der Frauen"
Teil 4 Thema "Die Ausrüstung"
Teil 5 Thema "Das Schwimmen der anderen
Schwimmen im See
Was ich so mache mit der Zeit, die ich nicht schwimmen kann
6 Monate: Geschwommen um zu bleiben
Wie im Freibad, nur ganz anders
Schwimmen in der Stadt
7 Tage, 1 Schwimmhalle- Erlebnisbericht
Ein Sommer wie er früher nie war
Was kann Berlin aus der Corona Krise lernen?
Der unsichtbare Dirigent oder: was will er, der nicht mehr neue Bäderchef?