7 Tage, 1 Schwimmhalle- Erlebnisbericht

Neue Situation

Fast genau 6 Monate nach der Corona bedingten Schließung der Schwimmhallen, war ich das erste Mal wieder in einer der Berliner Bäder Schwimmhallen.

Und ich fand, was  mich verlassen hatte.

Nur mit mehr Regeln als ursprünglich in der Hausordnung und damit mit noch mehr Möglichkeiten  den Individualismus auszuleben. Was scheren Regeln, das denken ganz offensichtlich einige und es ist auffällig, dass Schwimmbäder für diese Leute  ein geeigneter Ort sind, sich darzustellen.

Neue Regeln

In Schwimmhallen in Berlin sind nun Bahnen geleint in sogenannte Doppelbahnen (also 5,50 Meter breite Flächen). Es gibt ein Wegesystem, in Duschen und an anderen Plätzen hängen Schilder mit kurzen Erklärungen- nur auf deutsch übrigens, was ich persönlich sehr schade finde.

Corona ist in unser aller Leben seit nun fast 6 Monaten und eigentlich müssten alle diese Regeln verinnerlicht haben. Sie gelten, mit kleinen Abweichungen, fast überall, sind leicht zu befolgen, Abstand und der Mund Nasen Schutz (MNS) müssen nun wirklich nicht mehr diskutiert werden.

Doppelbahnen

Ich sehe da keinen Sinn.Abstand wird so nicht gehalten. Ich habe  so was wie Dopppelbahnen bereits erlebt in Berlin, immer dann, wenn "eingeschränkte Wasserfläche" zum Beispiel in der Schwimmhalle* ausgewiesen war/ ist. Dann gab es abgeleinte Einzelbahnen für Schulschwimmen, Verein und sonst wen, aber die zahlende Öffentlichkeit bekam keine geordneten Flächen und musste zusehen, wie man sich Platz schafft ohne andere zu nerven. Was natürlich so nicht gelingen kann.  Interessen kollidieren. Leute, die zum reden ins Bad gehen, Leute, die mit Kindern spielen oder schwimmen üben, Sportschwimmerinnen und Sportschwimmer und so weiter.

Tag 1

Ich dachte, muss ich mich dran gewöhnen, wird schon gehen. Also auf, in die  Doppelbahnen. Die Verteilung auf den Bahnen war ähnlich. An einer Bahn Schild: Sportschwimmbahn.Alle am kraulen. Ich also los, am Ende Rollwende und trotz dass ich versucht hatte sehr nach links zu ziehen, befand ich mich etwa in der Mitte der Doppelbahn.

Hui, verboten, man soll an der rechten Seite schwimmen. Meine Spezialität- An der Leine lang, das kann ich am besten.

Also schnell rüber ziehen. Ach so, nee, hätte es gar nicht gebraucht. Kopf oben, taumelnd schwimmende Person plötzlich neben mir. Es hat eine Weile gedauert, bis ich kapiert habe, sie schwimmt die Bahn nicht zu Ende. 😬 Ich versuchte so 6, 8 Bahnen für  die Rollwende immer weiter rüber zu ziehen und da mittlerweile eine weitere Person Kopf oben dort rum schwamm, hab ich es aufgegeben.

Also in die Kippwende (die ich nicht gut kann) und zack, die Frau, die die Bahn nicht zu Ende schwimmt, cruist plötzlich vor mir und taumelt da rum. Bahn mittig mal eben gewendet😳

Guuut, next Level. Ankommen, 6 Schritte an der Wand laufen und los schwimmen. Nach dem zweiten Mal musste ich dann echt lachen, weil ich dran dachte, wie das wohl aussieht. Man krault, kommt an, watet wie ein Vogel, krault. Ich hab echt Wasser geschluckt und dann aufgegeben, weil ich nicht aufhören konnte zu kichern. Lange Rede, kurzer Sinn, Doppelbahnen sind super, wenn man Pausen braucht, wenn man gern läuft oder sich einfach gar nicht an Regeln hält. Vermutlich müsste ich einfach lange vor der Markierung nach links wechseln und dann wenden. Das mag gut gehen, wenn es nicht voll ist, man wünscht aber auf 50 Meter Bahnen mindestens 24 Leute (kann man aus dem Kartenverkauf Online sehen, Offline werden weitere verkauft) Ich brauch Schulterbreite zum schwimmen, mir erschließt sich "Sportschwimmen" auf 5,50 Meter Breite (noch) nicht.

Ordnung=0, Sortierung=0. Und der Knaller: auf den anderen Bahnen wurde munter zu dritt nebeneinander in eine Richtung und ein Pärchen nebeneinander in die andere Richtung geschwommen und am Rand dann in größerer Gruppe geplauscht. Pausieren auf der "Sportbahn" übrigens stehend in der Mitte-also Mitte der Bahn, nicht mal Wand ....Welcome to the Aerosole🙄🤢

Tag 2

No Flow-Doppelbahn und ich werden nicht so schnell Freundinnen. Ich hatte mir ein paar Tipps geholt, wie ich die Breite bei der Rollwende überbrücken kann. Bereits 5 Meter vor Bahnende nach und nach, immer mit Schulterblick, ob da jemand ankommt und  Freiwasser Armzug mit Blick nach vor, ob da jemand sich an keine Regel hält und vor der Wand wendet usw.

So richtig Flow ist das beim Schwimmen nicht. Damit fehlt das Wichtigste für mich. Schwimmen ohne Denken, nur das Wasser, fliegen.  Für mich ist schwimmen  nicht nur Leistung, Tempo, sondern das Gefühl der Freiheit. Die Schwerelosigkeit im Wasser ist das Ziel.

Tage 3,4,5

waren ähnlich

Tag 6

In der Schwimmhalle gibt es zwei Doppelbahnen, die dritte ist mit einer Querleine, für Nichtschwimmer, durchtrennt. Das hatte ich die ersten Tage gar nicht kapiert.

Als ich ankam standen 4 Personen an der Wand links in der "Sportbahn".  Parken die auch auf Autobahnen oder fahren mit Dreirädern auf Radschnellwegen?

Einfach mal rechnen, 4 Personen auf 5,50 Meter, plus die ankommenden, die, wie sich gleich zeigen wird, aus der Doppelbahn im Kreisverkehr, einfach in der Mitte ihren 'eigenen' Kreisverkehr machen und die Bäderbesucher*innen, die korrekt rechts schwimmen, einfach schneiden.

Abstand adieu, Aerosole bienvenue.

Da  machen sich einige, und grundsätzlich nicht etwa die schnellsten oder die, die am wenigsten Platz brauchen, ihre eigene Show. Auf meine freundliche Frage blökte eine Frau, die ganz links stand, "sie müssen ja nicht schnell schwimmen"- geht es noch blöder? Ich schwimme nicht schnell, die Dame befindet sich in der "Sportbahn", das weist das Schild aus. Oder eben auch nicht. Der Mann, den ich ansprach, reagierte gar nicht und liess mich natürlich auch nicht vorbei. Als ich starten wollte, kam plötzlich von der Nachbarbahn einer um seinen ankommenden Kumpel zu begrüßen und latschte vor mir durch die Bahn quer.

Es waren zuerst 19, dann 21 Personen auf der Doppelbahn. Eigentlich schon zu viele laut Unternehmenssprecher des Größten Bäderbetreiber Europas.

Machbar dennoch, wenn sich alle an Regeln und vor allem auch Anstand hielten.


In der Illustration sind I die Personen, wie sie schwimmen sollen und I die Personen, die Regeln nicht interessieren

 Kreisverkehr

Realität



An dem Tag war das Bad Online ausverkauft, also 57 Tickets. Plus die Offline Tickets. Diese Anzahl nennen die BBB übrigens einfach nicht offiziell.

Tag 7

Heute, wie an 3 von 7 Tagen war das Schild mit der Aufschrift "Sportbahn" an die Seite geschoben. An einem Tag war es komplett verschwunden.

Das heißt, wenn man dem Wegesystem folgt und als sportlich schwimmende Person nach entsprechender Wasserfläche schaut, denkt man "oh, da ist die Sportbahn". Und hopst** ins Wasser mit Vorfreude. Alle anderen, die so eine Bahn nicht suchen, übersehen das seitlich gestellte Schild und hopsen natürlich unbedarft ebenfalls auch dort ins Wasser. Verschwommen, wie in dieser Bahn geschwommen werden soll.


Soll ich noch was sagen über Schilder "Abstand" in Duschen und Co?

Ich duschte und 10 andere Duschen waren frei. Ratet, wo die Dame duschte, die rein kam? Genau, unter der Dusche neben mir. Meine Bitte, Abstand zu halten, wurde belegt mit "halt die Klappe, wenn du Angst hast, bleib zu Hause".

Solche Leute wollen, genau wie die Dauer Wandsteher*innen, die Gymnast*innen, die, die alle Regeln missachten, dafür sorgen, dass Bäder wieder schliessen? Anders ist es nicht zu erklären, wie egoistisch manche sind.

Natürlich gibt es Leute, die sich an Regeln halten. Diese sind immer wieder ein Trost.

Sie sind kein Ersatz dafür, dass die BBB ihre Regeln klar benennen, Schilder sichtbar aufstellen und, das Wichtigste, mit Umsicht auch sortieren und vor allem ermahnen, dass die Mitte der Doppelbahnen kein Daueraufenthalt ist für diejenigen, die damit alles kaputt machen.


Ich nenne das Bad nicht, weil, so die Aussage in Sportausschüssen im Abgeordnetenhaus, eine Sortierung, also Regelung der Schwimmbahnen, nicht gewünscht ist seitens der BBB. Die Mitarbeiter*innen können also leider gar nichts tun gegen solche renitenten Bäderbesucher*innen.

*Die Situation mag in den Schwimmhallen unterschiedlich ausgestaltet gewesen sein, es gab zeitweise auch Einzelbahnen für die Öffentlichkeit, die Nutzung allerdings wurde eh nicht geordnet. Meist bis oft war es so wie beschrieben. 

** Bildlich, denn springen ist an der flachen Seite nicht erlaubt. Dass es trotzdem welche machen, muss ich nicht erwähnen...