Während ich in Schwimmhallen und Freibäder meist und auch gern allein gehe- Kacheln zählen kann ich am besten so- hat meine Rückkehr ins Freiwasser in Begleitung angefangen.
Inklusive guter Gespräche. Mal einfach Small Talk, so dies und das, chillig und genau richtig, wenn man leicht müdig ist nach dem Schwimm.
Mal ergaben und ergeben sich ernste Themen.
Klar, ich geh mittlerweile auch allein zu den wilden Welsen...äh..also in den See, in den Fluss und sogar ins Meer. Wusstet ihr übrigens, dass auch in deutschen Meeren einen hoch giftigen Fisch gibt? "Petermännchen"- was für ein niedlicher Name für einen gefährlichen Fisch. Petermännchens Stacheln können erhebliche Vergiftungen bewirken,Schmerzen, Schwellungen bis hin zum allergischen Schock. Und dieses Jahr scheint es eine Häufung von Stichen zu geben. Kann man mal sehen, wie mutig Freiwasserschwimmerinnen sein müssen.
Ok, das ist ein anderes Thema.
Gemeinsamen Schwimmausflüge an den See bleiben einfach noch schöner. Sie sind etwas Besonderes in meinem Schwimmerinnenleben.
Gerade auch weil es so anders ist im Freiwasser. Die Anwesenheit einer vertrauten Person gibt mir Sicherheit- und Tee und Kekse...
In der Reihe "Rasen Gespräch" werde ich in loser Abfolge einige der Gesprächsthemen aufgreifen. Weil sie spannend sind, weil sie zeigen, was die Pandemie mit uns macht, weil sie lustig sind, weil trotz Pandemie das Leben weiter geht.
Der Ort
Angesichts des Wetters und der Tatsache, dass Cafés geschlossen sind, an einem Einstiegsplatz, stehend, hüpfend, auf und ab gehend, mit Tee im Becher und Wärmepads in den Schuhen und Blick auf den See.
Corona hat das Leben erneut in den Shutdown gezwungen.
Kultur, Gastro, wieder geschlossen.
Der See.Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2020. Und wir waren die einzigen, die an einem unserer Plätze ins Wasser gingen. 30 Minuten im Wasser unterwegs, um hinterher zu zittern...
Das Gesprächsthema
Das Schwimmen der anderen
geht dich nix an, damit könnte ich den Blogbeitrag beenden.
Scheint aber nicht allen klar zu sein.
Immer wieder fiel meiner Begleitung und mir auf, dass, fast wie im Schwimmbad, Leute am Rand, respektive Ufer, stehen und regelrecht lästern über das Wie, wie schnell, in welcher Kleidung und wie lange andere schwimmen.
Nun ist es so, dass alle mal lästern, normale Sache, so lange sie nicht so boshaft ist, dass es nur nieder machen soll, um sich selbst erhabener zu fühlen.
Der Unterschied zum Schwimmbad
scheint auch nicht allen klar zu sein.
Schwimmbad, im besten Fall "Sportbahn" oder gar nach Tempo eingeteilte Bahnen. Bröselbirnen, die den Betrieb absichtlich stören. Über diese Leute zu reden, halte ich für normal. Ich rede sogar meist erst mit denen, bevor ich über sie rede/ schreibe. Es ist also für mich ok, wenn man über Leute redet und lästert, die ganz offensichtlich in der falschen Bahn sind und resistent, meist sogar renitent, gegen Bitten, den Ablauf nicht zu blockieren. Also es sei denn, man diffamiert damit auf niedere Weise. Na, und lästern über die Körper finde ich ehrlich gesagt auch ziemlich schlimm.
Lästern ist eine nie wirklich schöne Sache, trotzdem, niemand ist frei davon.
Hörbar außerhalb der Group, in der man sich befindet, sollte es jedenfalls unter keinen Umständen sein.
Was hat denn Hörbarkeit von Lästern für einen anderen Zweck als den, zu wollen, dass andere mit einstimmen? Und da würde es dann zu Mobbing. Ja, scharfes Wort, ich seh es so. Wer versucht, andere aufzufordern, und sei es nur durch die Lautstärke, in das Lästern einzustimmen, der/ die macht Front gegen die Person, über die geredet wird.
Anonymität ist wichtig, finde ich, "der in der Bahn, der Jesus Gleichschlag paddelt" ist "der in der Bahn" und nicht "Herr Sowieso", selbst wenn man den Namen kennt.
Aber, zurück zum Seeufer
Die Kleidung
Geht dich nichts an.
Meine Begleitung und ich, wir bewundern Menschen ohne Neoprenanzug bei 15 und 5 Grad. Unsere Worte, heraus gezittert, nach eigenem Neo schwimmen, "boah" "guck mal, noch n Dipper" "oh, sie ist schon...im Wasser, Waaaahnsinn, toll".
Was wir beide nicht bewundern, sind Leute, die das tun und dabei schlecht benehmen. Bäh.
Neben uns Leute, die selbst mit Neopren schwimmen:" DIE schwimmt ja sogar mit HANDSCHUHEN. Hahaha, da hätt ICH ja gar keinen GRIP" (wichtig, Fachausdrücke nutzen, um sich abzuheben).
Gemeint war meine Begleitung. Konnten sie nicht ahnen, laberten aber so laut, dass ich es hören sollte. Sie hatten übersehen, dass ich meine Handschuhe nur ausgezogen hatte unter Wasser...
Ich war kurz davor auf diese Leute zuzugehen und zu sagen: "Jo, DIE ist seit 45 Minuten im Wasser und du warst 10 drin" Bringt aber nichts. Genauso wie die Diskussion mit denen, für die die Temperatur "XY" das einzig Richtige ist.
Die Temperatur
empfindet jeder Mensch anders.
Was für die einen "warm" ist, ist für andere bitterkalt.
Es ist eine Sache, über das Schwimmen im kalten/ kälteren Wasser zu schwärmen, eine andere Sache, wenn man Menschen, die das nicht wollen, belehren will.
Wie nervig, wenn es heißt "das kann jeder und jede". Schwachsinn.
Der Gesundheitszustand ist anders als deiner und selbst wenn nicht, warum muss man seine eigenen Vorlieben anderen aufdrücken mit Tipps, nach denen gar nicht gefragt wurde?
Sag ich nein, mein ich nein.
Sag ich, ich mag X nicht, kommt garantiert Person Y daher und sagt: "du hast X so und so noch nicht probiert."
Kannst du gar nicht wissen. Und jetzt mag ich X nicht und Person Y auch nicht. Geh weg.
Man merkt sehr leicht den Unterschied zwischen denen, die einfach ihr Ding machen mit dem Schwimmen im kalten Wasser und denen, die ihre Fähigkeit nutzen, um andere schlecht zu machen.
Die Dauer
Jede Minute im Wasser ist mehr als nicht zu schwimmen, zu dippen oder zu baden.
Es gibt keinen Grund, sich darüber lustig zu machen, wenn andere nur rein hüpfen und sofort raus kommen. Und wer meint, 2 Stunden im 8 Grad Wasser schwimmen zu können, why not.
Das Tempo
Im See ist völlig frei. FREIWASSER.
Was geht bei Menschen im Kopf ab, die über andere regelrecht meckern, die seit 30 Minuten im 11 Grad kalten Wasser, nur mit Badehose bekleidet, ihre Meter machen?
Stört niemanden,ja wie denn auch in dem großen See in dem eh kaum jemand schwamm. Ein junger Mann, mutig, schwamm ganz ruhig atmend bis rüber ans Schilf und zurück. Wir fanden, eine tolle Leistung. Neben uns stehende konnten gar nicht aufhören zu lästern: "Würde ICH SO langsam schwimmen, hahahaha, wäre mir aber echt kalt..hahaha". Lass ihn doch. Was er macht ist seine Sache. Und er lächelte danach ganz freundlich rüber.
Wir sind hier nicht in deiner und meiner Sportbahn.
Es ist der Ton, der uns nicht gefällt, ein Ton, der hörbar zeigt, wie abfällig das Gesagte gemeint ist.
Schwimmen im Spätherbst
Als wir das letzte Mal im See waren, 8,8 Grad Wasser, ungefähr die gleiche Lufttemperatur. Spaziergänger*innen, die uns ansahen, als wären wir von einem anderen Stern.
Ok, mit Neoprenanzug, Haube und Handschuhen und Socken sieht man schon aus wie ein Teletubbie oder so.
Was da ablief, ging aber dann über das für uns mittlerweile normale Gucken hinaus. Ja, auch darüber hinaus, dass einige echt filmen ohne zu fragen.
Ich war schon beim Umziehen, meine Begleitung kam gerade auf das Ufer zugeschwommen.
Ein kleines Mädchen, vielleicht 5, 6 Jahre alt, rannte oberhalb des Ufers rum und als sie uns sah, war sie völlig aus dem Häuschen. Ganz offensichtlich eine kleine Schwimmerin.
"Maaaaaama, aber da baden auch welche. Guuuuuck mal" Und zack, war die Kleine fast bei mir. Sie hob an, wollte was sagen und ihre Mutter brüllte von oben:" Lass die Verrückte da" und "Komm weg da"
Die Frau kann echt froh sein, dass ich so zittrig war. Ich hätte ihr gern gesagt, was ich davon halte,alles, was nicht in die eigene Norm passt, abzuwerten. Sie bringt also dem Kind bei, nichts zu tun, was aus der Reihe zu tanzen scheint, aus ihrer Reihe.
Was bin ich für ein glücklicher Mensch, dass mein Vater das anders gesehen hat. Ich durfte im kalten Wasser schwimmen lernen. Ich bin ihm so unendlich dankbar dafür, dass er mich nicht nur hat weit schwimmen lassen, auch dafür, dass er mich gelehrt hat, dass ich nicht auf der Welt bin, um die Vorstellungen anderer zu erfüllen
Die vorherigen Blogbeiträge der Reihe
Rasen Gespräche
Teil 1 Thema "Abstand"
Teil 2 Thema "Verabredungsjunkies"
Teil 3 Thema "Die Wege der Frauen"
Teil 4 Thema "Die Ausrüstung"
Schwimmen im See
Was ich so mache mit der Zeit, die ich nicht schwimmen kann
6 Monate: Geschwommen um zu bleiben
Wie im Freibad, nur ganz anders
Schwimmen in der Stadt
7 Tage, 1 Schwimmhalle- Erlebnisbericht
Ein Sommer wie er früher nie war
Was kann Berlin aus der Corona Krise lernen?
Der unsichtbare Dirigent oder: was will er, der nicht mehr neue Bäderchef?
Ich hab einige Schwimmbad Typen hier mal beschrieben