Schwimmen im See: Saisoneröffnung Anfang März

Am 30.12.2020 war ich das letzte Mal im See.

Es kam mir vor wie eine Ewigkeit.

Zuletzt war es so, dass einfach zu viel Eis auf dem Wasser war. Noch nicht als feste Eisdecke, in Stücken, trieb es an der Seeoberfläche.

Eisplatten schieben, Schnitte vom Eis im Gesicht oder im Anzug, das war weder meins und zum Glück auch nicht das, was meine Begleitung mag.

Wir hatten am vorletzten Tag des Jahres sogar überlegt, ob wir überhaupt ins Wasser gehen. Es war richtig, ohne es zu versuchen hätte ich nicht gewusst, dass ich schwimmen mit Eis nicht will. Es war dennoch ein schöner Abschlussschwimm in einem Jahr, das ganz anders war für mich als Schwimmerin, als die letzten 15 Jahre.

Eispause

Mitte Januar, Anfang Februar, also nur zwei, drei, vier Wochen Pause, dann würde es wieder gehen. Wer konnte ahnen, wie kalt dieser Winter würde. Zugefrorener Schlachtensee. 8 Wochen wurden es.


Ins Wasser wollten wir nicht, ohne den See ging es trotzdem nicht. Im Gehen und Stehen, mit Abstand zum Kaffee am See. Zusehen, wie er immer weiter zufror und immer mal wieder die Idee, einen Dip im Wels..äh...Eiswasser zu wagen. Spoiler: Der Dip steht noch aus, meine Begleitung schlug vor, dass wir denn doch im Mai machen können... Gern!


Ein Irrsinn, während Menschen Löcher ins Eis hacken und Teile des Ufers völlig Eisfrei sind, Löcher auch auf dem See im Eis zu erkennen waren, sind trotzdem Leute auf dem See spazieren gegangen, Rad gefahren, Schlittschuh gelaufen. Und mehrere Menschen, darunter Eltern mit Kind, eingebrochen.

Man kann sich manchmal nur an den Kopf fassen ob solcher Unvernunft.

Mitte Februar noch dachte ich, es würde bestimmt April, wenn der Frost bleibt. Es kam anders wie alle wissen. Binnen einer Woche stiegen die Temperaturen von Minus 14 auf 13-18 Grad Plus. Nur eine Frage der Zeit, dass das Eis taut.

Schwimmen im Winter

14 Grad Luft, zwischen 4.3 und 4.6 Grad Wasser, Saisoneröffnung am 03.03.2021. Ich hatte gedacht, mehr als 5 Minuten kann ich nach der langen Pause nicht im Wasser bleiben.

Es wurden fast 30 Minuten und das, obwohl am anderen Ufer des Sees noch Eis zu sehen war.

Ja, das Anziehen von Neoprenanzug, Neopren Unterzieher, Neoprenkappe- und haube, Socken und Handschuhe, alles mühselig und Zeit raubend. Mit recht warmer Sonne dann ins Schwitzen kommen, ganz schön anstrengend.

Die ersten Schritte in den See noch harmlos. Bis das Wasser in den Anzug eindringt. Meine Begleitung sprach aus, was ich dachte "warum machen wir das hier"?

Fünf Züge, Kopf über Wasser. Ich dachte, ok, ich hab es versucht. Tschüss See, bis bald. Vor mir schwamm meine Begleitung auf dem Rücken. Ok, dachte ich, ein paar Züge Rücken, das geht schon noch. Strampeln, so stark es geht, damit irgendwas warm wird. Ja, nee, bei 4  Komma X Grad ist nix mit "warm".

Irgendwann wieder raus aus der Rückenlage und dann das Gesicht ins Wasser. Brennt, beisst, sticht, schmerzt einfach nur. Zu allem Überfluss sass die Schwimmbrille nicht richtig, lief sofort voll Wasser. 5 Kraulzüge, dann jammernd Brille hoch. Und nochmal 10 Züge. Und nochmal.  Und weiter. Es wird besser. Nicht gut, aber wirklich besser. Bis  zu unserer Boje konnten wir nicht. Entweder war sie unter dem Eis oder jemand hat sie gestohlen. Leider auch zu viele Entenvögel auf dem Weg dort hin also wieder in Richtung unserer Sachen. Ich staune immer noch. Ich  hatte fest vor, nur noch bis dahin zu schwimmen und dann raus zu gehen. Wir sind einfach (nein, es war nicht einfach, was red ich da), weiter geschwommen. Bis die Füße fast erfroren waren. Die Hände, die bisher immer das Problem waren, waren so warm geblieben, dass ich sogar die Handschuhe allein  ausziehen konnte. Überhaupt, das Ausziehen. Für mich sind die Hände der Maßstab, wann ich raus muss. Es wären also noch 5 oder sogar 10 Minuten drin gewesen...

Sich aus nassen Neoprensachen pellen ist ein Kunst für sich. Für Außenstehende sicher ein lustiges Bild, wenn Menschen mit den verrücktesten Verrenkungen versuchen, im eiskalten Wasser oder im Dreck am Ufer aus den Sachen zu kommen.

Beim Anziehen  wurde mir klar, es wäre zwar noch ein paar Minuten gegangen im Wasser, aber das wäre falsch gewesen.  Das Zittern setzte ein noch bevor ich die Schneestiefel an hatte. Ich weiss, andere sagen, man soll zuerst den Oberkörper bekleiden, um die Organe zu wärmen. Ich habe einen Umkleideumhang, der sehr gut vor Wind schützt und mich wärmt. Mein größtes Problem sind nach dem Schwimmen im kalten Wasser die Füsse.

Eine gefühlte halbe Stunde später, mit heißem, wärmenden Ingwertee den meine Begleitung spendiert, war das alles vergessen. Mit Blick auf den See  war klar, warum wir das machen.

Schwimmen macht glücklich.