Ein See, zwei Staaten, unterschiedliche Welten
Während die Berliner Mauer stand, war der See auf irrsinnige Art ein Symbol für das, was Demokratie und Diktatur unterscheiden, Sinnbild für zwei unterschiedliche Welten.
Vor Ort kann man sich noch einigermaßen vorstellen, wie es gewesen ist, vor über 30 Jahren. Ostufer= Berlin, Westufer= Brandenburg
Das Ostufer, an dem Berliner*innen und ihre Gäste sich vergnügten beim baden, planschen und schwimmen. Das Westufer, auf das sogar die Sicht versperrt war, für DDR Bürger*innen, mit der Berliner Mauer. Mitten im See weiße (wenn ich richtig erinnere) Bojen, Sperrtonnen, die anzeigten, hier ist die freie Welt zu Ende. (Quelle Bild Landesarchiv, 1963)
Privatgelände
Die heutige Situation ist natürlich nicht mehr zu vergleichen. Zwei Welten gibt es am Ufer des Sees noch immer. Nein, nicht dass die Westseite in Brandenburg liegt, davon merkt man nichts.
Die Tatsache, dass Teile des Ufers "Privatgelände" sind, zeigt, in welcher Art Welt wir leben.
Ein ehemaliges Strandbad belegt von...ja, was eigentlich?
Wie kann es sein, dass ein See, in und an dem Jahrzehnte lang eine brutale Staatsgrenze verlief, in Teilen "Privatzugänge" hat? Wurde nicht lange genug Gemeingut der Allgemeinheit entzogen?
Nö, ich hab nichts gegen See Grundstücke für private Villen, in dem Ausmaß, wie das Ufer des Groß Glienicker Sees nicht betretbar ist, halte ich das für falsch.
Umfeldterror
Dazu Camper, auf einer Wiese, illegal, die ihre Toiletten, Müll und alles mögliche vor Ort entsorgen. Wie irre ist das?
Warum lässt man solche Leute so lange gewähren?
See Besucher*innen, die ihre Fahrzeuge direkt am liebsten bis an das Ufer fahren und dort auch abstellen. Was ist das hier, ein Irrenhaus in dem alle machen dürfen, was sie wollen? Freiheit ist das jedenfalls nicht, sondern Umfeldterror einiger gegen die Allgemeinheit.
Strandbad Groß Glienicker See
Vermutlich nur die älteren Spandauer, wohl am ehesten die Kladower, wissen noch, dass es am Ufer des Sees mal eine Badeanstalt gab. Ja, auch die 1990 er Jahre sind 30 Jahre her...Heute sind am See mehrere Badestellen, das Gelände des ehemaligen Strandbad ist in Privatbesitz.
Bezeichnungen, die verwirren können: Auf Karten als "Strandbad Groß Glienicker See" oder nur "Strandbad" eingetragen, in Telefonbüchern als "Badeanstalt" und in manchen Artikeln und Texten als "Freibad Kladow" bezeichnet. Es meint immer die frühere Badeanstalt auf der Halbinsel des Groß Glienicker See auf Berliner Seite.
(Quelle Histo Map Beuth Hochschule 1993)
Nach meinen Recherchen wollte man Ende der 1980 er/ zu Beginn der 1990 er Jahre im Bezirk das Strandbad nicht mehr. Aus ökologischen Gründen. Wie es im Artikel heißt, war das Ufer zerstört durch die Nutzung des in den 1930 Jahren gebauten Strandbads, aber auch durch die Kleingartenanlagen und Siedlungshäuser.(Quelle Artikel: Stadtmuseum Spandau, Archiv, 1988 und 1990)
Für mich nicht (mehr) nachvollziehbar, was mit der Natur am Westufer (Brandenburg) war. Das wurde doch 28 Jahre nicht genutzt. Eignete sich das nicht besser für die Erkenntnis, Umwelt zu schützen? Und das Ostufer komplett der Öffentlichkeit zugängig machen. Einmal mit Infrastruktur des Strandbades, das hier seit Jahrzehnten stand und eine Art öffentlicher 'Strand'. Öffentliche Gartenanlagen, zum spazieren gehen, lehren und lernen.
Was auch immer, es kam anders.
Das öffentliche Strandbad war Geschichte
Und dann ging es rund und es ist nicht mehr zu recherchieren, wer, was, wann, warum und wo. Oder doch, allerdings mit einem Zeitaufwand, den ich nicht leisten kann.
Ich danke jedenfalls dem Stadtmuseum Spandau und dem dortigen Archiv für die prompte Hilfe, Antwort und Zusendung des Materials, das man finden konnte. Schnell und superfreundlich, nicht in allen Archiven geht es so zu.
Der Newsletter Tagesspiegel Spandau Autor, Andre Görke, hat das Thema in seinem letzten Newsletter aufgegriffen. Ich bin gespannt, was Spandauer*innen so an Wissen beitragen.
Der Ausverkauf der Stadt
Klingt ganz schön dramatisch und ist es für mich auch. Nicht nur, wenn es um Gewässer geht. Ich denke, meine Meinung zu Seen mit Strandbädern und ohne öffentlichen, kostenfreien Zugang ist bekannt. An Seen, an denen sich kostenpflichtige Infrastruktur befindet, muss es auch kostenfreie Möglichkeiten geben, den See, Allgemeingut, zu nutzen. Oder man, also Berlin, muss die Strandbäder übernehmen und kostenlos zugängig machen. Das Land Berlin, der Bezirk, müssen an Seen, die schwimmbar sind, (noch) vorhandene Infrastruktur von Bädern nutzen. Ich behaupte, in 50 Jahren kann man es nicht mehr gesellschaftlich verantworten, Freibäder anzulegen wie wir sie heute kennen. Aber zurück zum See in Spandau und Brandenburg.
Selten so ein Wirr Warr erlebt um Zuständigkeiten- des Ostufers, also den Teil, der schon immer in Spandau war.
Potsdam verkaufte das Grundstück 2007, auf dem das Strandbad lag, an Privat. What? Als ich das las, habe ich versucht, heraus zu finden, warum Brandenburg an ein Grundstück kam, auf einer Halbinsel, die auf Berliner Seite liegt und lag "verkaufen" konnte.
2008 stimmten die Spandauer gegen eine "Bebauung" der Halbinsel- ich bin an diesem Punkt schon unsicher geworden, ob hier noch die Rede ist von der Halbinsel, auf der sich das "Freibad Kladow" befand.
Standort Gelände "Freibad Kladow"
(Quelle Google Maps)
Im Bild eine Luftaufnahme von 1986 zur Veranschaulichung, wovon die Rede ist. Vordergrund Berlin, Hinten Potsdam (mit Mauer) (Quelle Stadtmuseum Spandau, Archiv)
Hier ist die Berliner Halbinsel gut zu erkennen (Quelle Google Maps)
Warum werden Bewohner*innen eines Bezirks gefragt, was mit Grund geschehen soll, der im Jahr zuvor an Privat verkauft wurde von einem anderen Bundesland?
Ein gutes Jahrzehnt später "ringt Potsdam" um freie Uferwege (auf der anderen, der Westseite des Sees).
Versteh eine, was das soll. An Privat verticken auf einer Seite und auf der anderen enteignen. Wir reden hier von ca 5000 qm Strandbad Liegefläche, ca 150 Meter Strand. (Quelle: Lukas Verlag, "Bäderbau in Berlin", Uta Bräuer& Jost Lehne)
Was glaubt man denn, was passiert, wenn man Grund und Boden an Ufern von Gewässern verkauft? Wenn mir jemand ein Grundstück schenken würde, zum Beispiel am Schlachtensee, glaubt man doch nicht ernsthaft, dass ich halb Berlin durch meinen Garten latschen lasse. Genau deshalb ist es Zeit, Ufer von Gewässern der Allgemeinheit zurück zu geben. Nicht, um alles und jeden Flecken für Schwimmerinnen und Schwimmer, Badende und Planschwillige, nutzbar zu machen. Natur braucht Raum und Teile der Gewässerufer könnten dem Lehren und Lernen dienen, Naturschutz, Gemeinschaftsgärten, Spazierwege- aber bitte nicht so dermaßen verwahrlosen und sich selbst überlassen, ohne Kontrollen wie u.a. am Schlachtensee (sondern mit Konsequenzen bei entsprechenden Delikten!)
Derzeit jedenfalls ist das Grundstück, auf dem noch Teile des ehemaligen Strandbads stehen, Adresse eines "Spa". Werbung auf deren Webseite: "Der Ort auf der Glienicker Halbinsel ermöglicht einen besonders vielfältigen und ganzheitlichen Ansatz von herkömmlichen Rehabilitationsübungen (z.B. Gymnastik) über wasser- und badesportliche Aktivitäten und Wellnesseinrichtungen."
Also gekauft, um es weiter zu verkaufen? Was auch immer, die Besitzer*in hat Teile der Halbinsel an den Bezirk 'verkauft' 2019 (Kommt noch jemand mit, bei all den Verkäufen der Halbinsel, der dortigen Grundstücke an einem Allgemeingut, einem See?).
Weder auf meine Mail, noch auf die des Bezirksamts reagieren die Besitzer*innen auf meine Bitte um Bilder, selbst vor Ort gemacht oder von ihnen von den Gebäuden des ehemaligen Freibads.
Der Groß Glienicker See heute
EU Badestellen Moorloch am Südufer, Pferdekoppel (Bild)am Nordufer, beide am Ostufer des Sees, auf Berliner Seite.
Im Süden gibt es einen Bootsverleih und etwas Infrastruktur, wie z.B. einen Imbiss.
Auf der Brandenburger Seite befindet sich offiziell eingezeichnet keine Badestelle. Viele kleine Buchten laden ein zum Baden. Am belebtesten dürfte es unterhalb des kleinen Kiosks "Seeperle" sein.
Der See wird stark genutzt, auf beiden Seiten. Trotzdem erbarmt sich keine zuständige Seite, egal ob Land, Bezirk oder wer auch immer, zum Beispiel Sponsoren, Mäzen*innen und stellt eine halbwegs akzeptable, einfache Infrastruktur zur Verfügung in Form von Toiletten, Rasen und Müllbehältnissen. Im Gegenteil. Der übliche, eklige Toiletten Bauwagen, der selbst bei allerbester Behandlung durch seine Nutzenden, nach einem Tag stinken würde ohne Reinigung, steht hier (wie z.B. auch am Schlachtensee). Man stelle sich das in der Schweiz vor...
In unserem Nachbarland legt man Wert auf gepflegte und ansprechende Badestellen und Strandbäder, auch die kostenlosen!
Stefan Förster, Sportpolitischer Sprecher der FDP, hat gerade zu Toiletten an Badestellen eine Kleine Anfrage gestellt. Nach dem ersten Satz in der Antwort hab ich schon genug. Berlin HAT Mittel, die Begrenzung ist klar. Berlin hat einfach KEIN Interesse an gepflegten Badestellen. Lieber lässt man die Menschen in den Wald...(und wundert sich Jahre später, über Umfeld/ Umweltschäden)
Abwässer gelangen ungeklärt in den See.
Ja, auch 2021 ist das die Art von Gewässerschutz, wenn man vor dem Baden und Schwimmen warnt, statt das Problem zu beheben. Es muss (viel!) Geld in die Hand genommen werden, wenn man es ernst meint, mit Gewässerschutz, Umweltschutz und die Stadt wieder den Bürger*innen zurückzugeben.
Tonnen von Marmorkrebsen
Irgendein Depp, vielleicht sogar mehrere, hatte keine Lust mehr auf ein Aquarium und hat die Tiere in den See verbracht. Es ist Zeit, JEDE Tierhaltung in Städten nur noch registriert zuzulassen. Es passiert häufig, dass Menschen, die der Tiere überdrüssig sind, diese aussetzen, in Gewässer 'kippen' und über andere Schäden muss ich hier nicht schreiben, sie sind sichtbar für alle.
Diese Leute schaden damit den Tieren in unserem Lebensumfeld, aber auch den Menschen. Dafür müssen sie zur Rechenschaft gezogen werden. Das geht nur über eine strenge Kontrolle.
Dramatisch sinkender Wasserspiegel
Das dringendste Problem des Groß Glienicker Sees ist der seit Jahrzehnten drastisch sinkende Wasserspiegel. Mittlerweile beträgt der Wasserstand 2,30 Meter weniger als 1970. Nun scheint man bereit, sich über Landesgrenzen hinweg und mit den Bürger*innen darum zu kümmern.
Der Newsletter des Tagesspiegel für Spandau ist übrigens eine der besten Quellen für Infos zum See.
In der vorletzten Ausgabe wurde auf ein Beteiligungsformat, das derzeit von Potsdam und Berlin erstellt wird, hingewiesen. Immer wieder auch das Thema des sinkenden Wasserspiegels
Die Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Berlin ist ein Hoffnungsschimmer für den Groß Glienicker See.
Der Schwimm
Nicht so toll ist der Einstieg.
Hundekot, viele Algen. Ein strenger Geruch, anders als in Krumme Lanke oder Schlachtensee, ist nicht unbedingt einladend. Warum wird da nichts gemäht, abgebaggert?
Ach seufz, Berlin, du nervst echt manchmal.
Man sollte, zumindest im Sommer, so schnell wie möglich in die Mitte des Sees kommen.
Ein wundervoll beschwimmbarer See. Weniger Boards und scheinbar rücksichtsvoller im Gros als in den Gewässern in Zehlendorf.
Zwei kleine, namenlose Brandenburger Inseln, um die man rum schwimmen, sie als Ziel nehmen kann.
Warum haben die Inselchen eigentlich keine Namen? Ich schlage vor: Spandilini und Spandiloni...🥳
Ich war dieses Mal in Begleitung von zwei Personen. Eine ist gleich zu den Inselchen geschwommen (und nein, natürlich nicht an Land gegangen), mit der anderen habe ich die Weite des Sees genossen. Schon anders, als der eher schlauchförmige Schlachtensee.
2 Kilometer lang ist der Groß Glienicker See, zwischen 240 und 530 Meter breit und noch heute faszinierend für mich, auf die 'andere Seite' zu schwimmen von Berlin aus. Ich hatte die Bilder im Kopf, wie schaurig es war und wie wundervoll ist es jetzt.
Im Hochsommer ist der See meist ein wenig frischer als andere Schwimmstellen in Berlin.
Was ich erstaunlich fand: An einem Steg, ziemlich dicht mit Schilf und Co, lagen Leute. Die müssen über das Gelände des ehemaligen Strandbads dort hin gekommen sein. Es fuhren auch Leute mit Ruderboot dort hin. Ich dachte ja immer, wenn irgendwo Schilf ist, respektiert man die Natur und schwimmt und paddelt dort nicht.
Kaffee gab es dann in Brandenburg, also am anderen Ufer des See.
Was für ein Glück, dass die Berliner Mauer weg ist!
Fazit
Der Groß Glienicker See ist ein Glücksfall für die Stadt. Ein Gefühl von Weite, nicht zu sehr aufgeheizt im Hochsommer, voll, aber nicht so übervoll wie viele andere Badestellen.
Man kann diesem See mit so irrer Geschichte nur wünschen, dass er gerettet wird. Naja, und ich würde es richtig finden, das Gelände des früheren Strandbads der Allgemeinheit zurück zu geben.
Eine unbedingte Empfehlung. Ich jedenfalls will dort im Herbst noch mal schwimmen.
Pro Tipp Swim Run zum Sacrower See
Für unermüdliche, nur gut 10,15 Minuten zu Fuß, von der Badestelle im Süden, ist man am Sacrower See. Dessen Wasser übrigens nicht klarer ist als hier, im Groß Glienicker. Dazu aber ein anderer Blogbeitrag.
Pro Tipp II
Wer mehr eintauchen möchte in Geschichte, Geschichten, dem empfehle ich den "Groß Glienicker Kreis", ein Verein, der viel aufgearbeitet und interessante Projekte hat
Rad fahren in Berlin