Faszination Schwimmen in Berlin- gestern und heute: Von der Freiheit im Freibad zu schwimmen

Nun ist sie zu Ende, die Freibad Verlängerung in Berlin für zwei Freibäder.

Freibad Kreuzberg war bis zum 22.10. und das am Olympiastadion bis zum 24.10.21 geöffnet.

 

Ja, aus der Not heraus. Geschlossen wegen Dachschaden, Stadtbad Charlottenburg Neue Halle. Geschlossen wegen Sanierung oder eben doch nicht, Wellenbad Spreewaldplatz. (was war der wahre Grund?).

Geschlossen wegen Sanierung, Schwimmhalle Anton Saefkow Platz. Eine Sanierung, die während der Schließung seit November 2020 nicht erfolgen konnte. Warum nicht?

Geschlossen wegen Sanierung, Schwimmhalle Ernst Thälmann Park. Huch, war die nicht erst?

Geschlossen wegen Sanierung, Stadtbad Tiergarten. Ja, sollte eigentlich und uneigentlich? Wenns mal wieder länger dauert, nimm dir was aus dem Erklärungsbingo des Größten Bäderbetreiber Europas.

Geschlossen wegen Sanierung, Paracelsus Bad. Was da nun mehr als das doppelte kostet und dauert war unvorhersehbar für eine*n erfahrenen Gutachter*in? Leben steckt voller Überraschungen.

Naja, was das für den Rest der Hallen bedeutet, klar. Als erstes wird die zahlende Öffentlichkeit, also knapp 90% der Bevölkerung, all die, die nicht im Verein/ in Sportförderungswürdigen Organisationen Mitglied sind, ausgesperrt.

Und da kam das Novum der Berliner Bäder ins Spiel

Freibad im Oktober- Novum?

Natürlich nicht. Das gab es in Berlin schon. Früher. Als es noch eine Freibad Saison gab von 1.Mai- teilweise noch früher- bis Mitte Oktober. Und das ohne die Traglufthallen mit einzuschließen. Ja, auch die gab es damals schon.

Und in anderen Kommunen, in anderen Ländern ist es völlig normal im Herbst und Winter draussen in Bädern zu schwimmen.

Ein Novum, dass es eine Lösung gab, ist es dennoch. Seit Existenz der Berliner Bäder Betriebe (die ja nur noch Berliner Bäder heißen sollen), also 1996, gab es das eben nicht.

Ja, neulich, also z.B.2019, wurden einige Freibäder, wie auch in den Jahren davor, offen gelassen. Aus Not, weil die Schwimmhallen vor Ort wegen Legionellen oder, tadada,  "leider länger dauernder Sanierung" mal wieder geschlossen blieben.

Trotzdem war es anders. Die Ausreden waren Einzelfälle. Und anders. "Wetterbedingt" zum Beispiel. Was Quatsch war und alle wussten es.

Feldversuch

Das ist  es, was neu ist. Es klingt nach: Wir haben jetzt zwar besch... Gründe, aber wir wollen mal genau hinschauen, ob es angenommen wird.

Und  ja, wird es!

"Wir müssen sehen, ob die Anlagen es schaffen"

Och nö, hört auf, so zu kommunizieren. Wenn die Anlagen es nicht schaffen (und es ist so, machen wir uns nix vor), müsst ihr von eurem neuen Bädervertrag Gebrauch machen und entsprechende Sanierung/ Einbauten im Wirtschaftsplan einrechnen. Eure Kommunikation könnte dann so aussehen: Wenn wir sehen, dass die Anlagen es nicht schaffen, werden wir noch im Winter 2021 mit der Politik Gespräche führen, um Investitionen so vorzunehmen, dass wir auch 2022 Freibad Schwimmen so lange wie möglich, wenigstens aber bis zum 1. Advent anbieten können. Wie haben Visionen zur Entwicklung unserer Bäder"

Das Schwimmen im Herbst im Freibad

So oft wie ich dieses Jahr in Kreuzberg zum Schwimmen war, war ich nicht mehr vor Ort seit ich weg gezogen bin. Ja, auch die Öffnung der Steuer finanzierten Schwimmhalle Kreuzberg in den Ferien, für die Öffentlichkeit, spielte eine Rolle.

Dennoch. Im Kreuzberger Freibad ging mir bisher immer das Getue  im Sommer auf die Nerven. Vormittags besonders. Na, und nachmittags war im Sommer eh nur Gedränge und Gepose angesagt...Schlagzeilen, als sei es ein besonderes Freibad. Ist es nicht. Oder doch: Jedes Schwimmbad ist etwas besonderes. Nur weil zu Mauerzeiten sich eine merkwürdige Legende gebildet hat, wird das Bad nicht schöner oder besser als andere. Eher im Gegenteil. Ich schrieb es mal. Das "Prinzenbad" genannte Freibad hat von allen Freibad Anlagen etwas. So findet sich dann jede*r wieder.

Das Publikum war nun das, was wirklich zum schwimmen ins Schwimmbad geht.

Da war die Ü 75 er Generation, die schon früher zu jedem Wetter ihre Bahnen zieht. Da waren die Mitt Fuffziger, schnell mal aus dem Home Office raus und den Stress wegschwimmen. Da waren junge Leute, die sich echt für die Kunst des Schwimmens interessieren...

Es geht im Herbst, bei Regen, nicht um das Gesehen werden. ¹. Blätter wehten dem Mann in Badehose ins Gesicht, als er deutlich sichtbar fröstelnd von der Umkleide den weiten Weg zum Becken hinten ging am letzten Tag, 22.10.21. Das Durchschreitebecken ohne Wasser- eine gute Entscheidung des Personals- lief er  mit einem tollen, sehr glücklichen Lächeln auf das Schwimmerglück, 50 Meter Bahnen, zu.

Die Frau, die sich anzog, ihr rot gefrorenes Gesicht war echt total zufrieden. Und das war bei allen so. Auch bei mir.

Ich hab die Gelegenheit genutzt, im Eisbecken schon mal zu testen, wie der Herbst und Winter im Schlachtensee sein würden.

Ja, Freiwasser ist natürlich anders. Dennoch, gute Übung.

Ich habe nach dem Schwimmen mit Tee und Lauchschnecke im Prinzenbad gesessen und fast jedes Mal Gesprächsfetzen über das Schwimmen mitbekommen.

Das Laub, natürlich nervt es ein wenig, aber es ist dieses Jahr einfach ein Zeichen von etwas, das in Berlin, für Berliner Bäder Hoffnung macht. Und ich finde, Hoffnung kann die Stadt jetzt wirklich gebrauchen!

 

Und warum nicht das Oly- Freibad Olympiastadion.? Ich war auch dort. Ehrensache!

Ein schönes Bad, nur nicht wenn die abgesperrten Tribünen es wie ein Schwimmen im Käfig wirken lassen. Die Kulisse fehlt einfach. Wie kann die Stadt es zulassen, alles so verkommen zu lassen?

Die kurzen Wege, traumhaft. Und das Durchschreitebecken ohne Siff. Duschen auch schöner als früher.

Ein tolles Schwimmen im völlig Laub freien Becken. Und ja, das genau zeigt es ja. Es fehlt mir eine ansprechende Umgebung.

Wie auch immer. Das Schwimmen im Freibad hat immer auch etwas mehr mit dem ursprünglichen Schwimmen zu tun als das im Hallenbad. Das ist mein Eindruck, der vielleicht so ist, weil ich draussen schwimmen gelernt habe. Vielleicht weil der Aufenthalt in einem Freibad mehr als nur das Schwimmen ist?

Und das sage ich, als durchaus bekennde Hallenbad Fan.

Und die Umstände, in denen das Personal dort, im Oly,  arbeitet, gefallen mir gar nicht


Das Personal

Muss in Herbst und Winter eine feste Unterkunft haben. Es kann nicht sein, dass die Mitarbeiter*innen bei strömenden Regen, bei kaltem Wind nur in ihren Jacken, Mütze und Schal unter einer Art Zeltdach sitzen.

Ich halte das Freibad Olympiastadion deshalb derzeit für ungeeignet, im Herbst und Winter zu öffnen.

Besser sieht es da schon im Kreuzberger Freibad aus.

Für die Zukunft muss das berücksichtigt werden. Und natürlich muss auch klar sein, dass Freibäder, die besser erreichbar sind, geöffnet werden.

Mir fallen da Kombibad Seestraße, Sommerbad Neukölln als Beispiele ein.

Wenn, in jedem Zeitfenster, in dem ich im Freibad war, die Bahnen voller Schwimmer*innen sind und immer welche nachkommen, wenn jemand das Bad verlässt, dann ist klar:

Berlin braucht Freibäder ganzjährig!

Ich hätte nie gedacht, dass wir das mal haben würden:

Schwimmen, draussen im Freibad, bis 2 Monate vor Heiligabend.

Deshalb:

Danke an den Bäderbetreiber und vor allem das Personal vor Ort für dieses Herbstglück 2021.

 

Flüsternd: Wie wäre denn ein Feldversuch "Weihnachtsschwimmen"?

(Man wird ja mal träumen dürfen)


¹Ok, eine Geschichte, die ich erzählen muss. Sonntag, am Nachbartisch setzen sich zwei Männer, beide gut Ü 40. Einer zum anderen: "Ich habe von (hab ich nicht verstanden) Aktien gekauft,aber nur für 120 Tsd Euro"

Ich musste so lachen, dass ich meinen Tee verschüttet habe...

Einen Teil des dann folgenden Gesprächs geb ich nicht wieder, nicht relevant.

Der gleiche Mann später, ernsthaft:" Die Gentrifizierer haben bei uns alles aufgekauft. Kreuzberg gehört uns"

Ich war kurz davor zu brüllen:

Alter, DU bist Teil der Gentrifizierung, next generation....

Ich hab es dann vorgezogen, mit meinem Handy "Berlin" abzuspielen, von Ideal.

😇